- In Syrien rücken Regierungssoldaten in den mehrheitlich von Drusen bewohnten Ort Suwaida vor, im Versuch, die Gewalt in der Region zu stoppen.
- Das Verteidigungsministerium meldet, es habe in der Stadt eine Ausgangssperre verhängt.
- Israel nimmt dort Aktivisten zufolge Panzer ins Visier.
- Die Führung in Damaskus verkündet derweil eine Waffenruhe.
Nach dem Einrücken syrischer Regierungssoldaten in den mehrheitlich von Drusen bewohnten Ort Suwaida hat Israel Aktivisten zufolge einen Panzer der Regierungskräfte angegriffen. Das teilte die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Grossbritannien mit. Israels Armee sagte auf Anfrage, sie prüfe den Bericht.
Berichte über Opfer gab es zunächst nicht.
Syrische Regierung verkündet Waffenruhe
Die Regierung in Damaskus hat derweil eine Waffenruhe verkündet. Es gelte eine «vollständige Waffenruhe nach einer Einigung mit den Würdenträgern» im Ort Suwaida, teilte Verteidigungsminister Marhaf Abu Kasra mit. «Wir werden nur auf Beschuss antworten und uns um Angriffe verbotener Gruppen kümmern», teilte er der staatlichen Nachrichtenagentur Sana zufolge mit. Dies gelte für «alle Einheiten» der syrischen Regierungstruppen.
Raubüberfall löste gewaltsame Zusammenstösse aus
Bei der neuen Gewalt zwischen Angehörigen der drusischen Minderheit und sunnitischen Beduinen wurden laut der Beobachtungsstelle seit Sonntag mehr als 100 Menschen getötet und rund 200 weitere verletzt, darunter auch Kinder. Begonnen hatte die Gewalt in der südlichen Provinz nach einem Raubüberfall auf einen drusischen Jugendlichen auf der Schnellstrasse zwischen Damaskus und Suwaida. Zwischen Drusen und sunnitischen Beduinen kam es daraufhin zu weiteren Entführungen und schliesslich zu Gewalt.
Mit dem Versuch der Regierungstruppen, in der Region die Kontrolle zu übernehmen, wächst die Sorge vor weiteren Kämpfen und Opfern. Laut der Beobachtungsstelle, die das Konfliktgeschehen in Syrien von London aus mit einem Netzwerk aus Aktivisten verfolgt, griffen die Truppen das Gebiet mit Raketen und Mörsern an. Einige davon seien in Wohngegenden niedergegangen.
Die Beobachtungsstelle warnte vor einer «Wiederholung des Szenarios an der syrischen Küste» – ein Verweis auf die Gewalt im März, als bei Kämpfen zwischen verschiedenen Gruppen laut Beobachtungsstelle rund 1500 Menschen getötet wurden, darunter viele Zivilisten.
Machtwechsel in Syrien vor einem Jahr
Die geistliche Führung der Drusen in Suwaida begrüsste die Ankunft der Truppen. Drusische Milizen sollten die Waffen niederlegen und mit den Truppen zusammenarbeiten, forderte die geistliche Führung in einer Mitteilung. Würdenträger aus der Gegend bemühten sich, eine Waffenruhe durchzusetzen.
In Syrien wurde vor einem halben Jahr der langjährige Machthaber Baschar al-Assad gestürzt, der das Land 2011 in einen mehr als 10 Jahre langen Bürgerkrieg geführt hatte. Die neue Regierung von Präsident Ahmed al-Scharaa hat die Kontrolle in Damaskus übernommen und ist bemüht, im Land Stabilität herzustellen. Trotzdem kam es in vergangenen Monaten zu Kämpfen zwischen Volksgruppen und Milizen und auch zu Terroranschlägen.