- Der sozialistische Präsidentschaftskandidat Luis Arce dürfte neuer Präsident von Bolivien werden, wie eine inoffizielle Auszählung zeigt.
- Die offizielle Auszählung ist noch nicht abgeschlossen.
- Die konservative Interimspräsidentin Jeanine Áñez gratulierte Arce bereits zum Sieg.
In Bolivien wurden nach Monaten der Unruhen und der Regierungszeit einer Übergangsregierung am Sonntag Neuwahlen durchgeführt. Die Wahlen verliefen friedlich. Der Präsidentschaftskandidat Luis Arce, der wie Evo Morales der linken MAS-Partei angehört, könnte die Wahlen möglicherweise gewonnen haben. Dies zeigen inoffizielle Wählernachfragen, die vom Medienforschungsinstitut «Ciesmori» durchgeführt wurden.
Die Resultate wurden gegen Mitternacht veröffentlicht. Arce hat demnah 52.4 Prozent der gültigen Stimmen erreicht. Sein zentristischer Rivale Carlos Mesa kam «Ciesmori» zufolge nur auf 31.5 Prozent.
Ein Kandidat benötigt 40 Prozent der Stimmen und einen Vorsprung von 10 Punkten, um die Wahl zu gewinnen, ansonsten kommt es im November zur Stichwahl. Die offizielle Auszählung hat noch nicht alle Stimmen ausgewertet. Die Bolivianerinnen und Bolivianer bleiben über das Wahlergebnis wahrscheinlich noch mehrere Tage im Unklaren.
Siegessichere Reden
Ex-Präsident Evo Morales ist aber von den Resultaten überzeugt. «Alle bisher bekannten Daten deuten darauf hin, dass die Bewegung für den Sozialismus einen Sieg errungen hat», sagte er auf einer Pressekonferenz in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires. Er hat Arce als Präsidentschaftskandidat empfohlen und die Kampagne eng beratend begleitet. Auch auf Twitter gratulierte er seinen Parteigenossen und bedankte sich bei den Unterstützenden für das Engagement.
Auch Arce selbst klang bei seiner Pressekonferenz kurz nach Mitternacht in der Hauptstadt La Paz siegessicher. «Wir werden arbeiten und wir werden den Prozess des Wandels ohne Hass wieder aufnehmen», sagte er vor Reportern. «Wir werden lernen, und wir werden die Fehler überwinden, die wir (zuvor) als Partei der Bewegung für den Sozialismus gemacht haben».
Jeanine Áñez, die konservative Interimspräsidentin, die im vergangenen Jahr in einem Machtvakuum die Macht übernahm, sagte, es scheine, dass Arce der Wahlsieger sei, und gratulierte ihm.
Test für die Demokratie
Die inmitten der Coronavirus-Pandemie durchgeführten Wahlen am Sonntag galten als Test für die bolivianische Demokratie, nachdem die Wahl im vergangenen Jahr nach Vorwürfen der Wahlmanipulation annulliert worden war. Nach blutigen Protesten trat Morales nach fast 14 Jahren an der Macht zurück.
Die gegnerischen Konservativen dürften über die Bestätigung der Wahlergebnisse nicht erfreut sein. Diese würden womöglich das Bild von Morales als sozialistischen indigenen Führer stärken, obschon er seit den umstrittenen Wahlen im argentinischen Exil lebt.
Wichtigste Wahl seit 1982
Morales war eine ikonische und lang anhaltende Figur in einer Welle linker Präsidenten in der Region während der letzten zwei Jahrzehnte. Die Wahl gilt als Lackmustest für den anhaltenden Einfluss der Linken in Lateinamerika. «Die Wahl wird die wichtigste sein, seit Bolivien 1982 zur Demokratie zurückkehrte», sagte ein politischer Analyst, Carlos Valverde.