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Nächste Phase des Konflikts Nach Explosionen in Libanon: der Beginn eines zweiten Krieges?

Der Angriff mit den Pager-Explosionen galt der islamistischen Schiiten-Miliz Hisbollah. Hinter der Attacke wird Israel vermutet. Offiziell nimmt Israel keine Stellung dazu. Doch der israelische Verteidigungsminister Joaw Galant hat eine «neue Phase» im Krieg mit der Hisbollah angekündigt.

Susanne Brunner

Leiterin Auslandredaktion

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Susanne Brunner war für SRF zwischen 2018 und 2022 als Korrespondentin im Nahen Osten tätig. Sie wuchs in Kanada, Schottland, Deutschland und in der Schweiz auf. In Ottawa studierte sie Journalismus. Bei Radio SRF war sie zuerst Redaktorin und Moderatorin bei SRF 3. Dann ging sie als Korrespondentin nach San Francisco und war nach ihrer Rückkehr Korrespondentin in der Westschweiz. Sie moderierte auch das «Tagesgespräch» von Radio SRF 1. Seit September 2022 ist sie Leiterin der Auslandredaktion von Radio SRF.

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Eine neue Kriegsphase: Was meint Galant damit?

Phase eins ist der Krieg gegen die Hamas im Gazastreifen. Dieser dauert nun seit bald einem Jahr. Das Ziel dieser Phase ist die Auslöschung der militant islamistischen Hamas. Das Ziel der Phase zwei ist laut dem israelischen Premier Benjamin Netanjahu, die 60'000 evakuierten Israeli zurück in ihre Dörfer an der Nordgrenze Israels zu bringen. Sie mussten ihre Häuser gleich nach dem 7. Oktober verlassen, weil die libanesische Hisbollah-Miliz nach Ausbruch des Gazakrieges mit dem Dauerbeschuss begann. Als Antwort darauf bombardiert Israel regelmässig Ziele in Libanon. Es kann die Hisbollah aber nicht daran hindern, weiterhin Raketen auf Israel abzufeuern.

Will Israel auch Krieg gegen die Hisbollah führen?

Auf jeden Fall ist das die offizielle Rhetorik. Für die israelische Regierung scheint ein Krieg mit der Hisbollah unausweichlich zu sein. Das aber ist eine politische Frage. Die Hisbollah sagt, sie höre auf zu schiessen, sobald Israel aufhöre, den Gazastreifen zu bombardieren. Das kommt aber für Israel nicht infrage, solange die Hamas nicht zerstört ist. Und ein israelischer General hat zudem gesagt, man greife nicht Tausende mit der Explosion von Kommunikationsgeräten an, ohne dabei an einen Krieg zu denken.

Israelischer Panzer nahe Gazastreifen.
Legende: Rollen israelische Panzer bald auf libanesischem Staatsgebiet? REUTERS/Amir Cohen

Hat Israel die militärische Kapazität, die Raketenangriffe auf Nordisrael zu unterbinden?

Diese Kapazität hat Israel vor allem mit der Unterstützung der USA. Die Frage ist: Wie hoch ist der Preis, den Israel dafür bezahlen muss? Die Hisbollah kann mit ihrem Raketenarsenal Ziele in ganz Israel treffen. Es gibt Berechnungen, wonach ein solcher Krieg wirklich Monate, wenn nicht Jahre dauern könnte. Es würde viele Tote geben und viel Infrastruktur würde zerstört. Ein Krieg mit der Hisbollah wird Israel auch wirtschaftlich noch viel mehr zusetzen, als es der Krieg mit der Hamas schon tut.

Seit fast einem Jahr bombardieren sich Israel und die Hisbollah fast täglich mit Raketen. Was heisst das für die betroffenen Dörfer?

Es gibt Geisterdörfer, die in einer militärischen Sperrzone sind. Da wohnt fast niemand mehr. Im Norden Israels harrt vor allem die arabisch-israelische Bevölkerung aus. Ständig schlagen Raketen in der Umgebung ein. Das raubt den Menschen den Schlaf, versetzt sie dauernd in Angst. Ich stellte dort vor einem knappen Monat eine Art Endzeitstimmung fest. Auf der einen Seite schlagen Raketen ein, auf der anderen Seite werden Hochzeitsfeste gefeiert. Es ist fast wie Schizophrenie: Feste feiern, gleichzeitig krank werden vor Angst. Es ist unheimlich.

Krieg im Nahen Osten

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Die Konflikte in Israel, im Westjordanland, im Gazastreifen und in Libanon halten an. Hier finden Sie alle unsere Inhalte zum Krieg im Nahen Osten.

Wie hat die israelische Bevölkerung auf die Pager-Explosionen reagiert?

«Besser als die Spionageserie ‹Teheran›, besser als James Bond», so haben einige meiner israelischen Freunde und Freundinnen am Dienstag reagiert. Sie konnten gar nicht fassen, wie «genial» dieser Angriff geplant war. Es war Bewunderung und auch wieder Vertrauen in die Geheimdienste. Dieses Vertrauen war erschüttert nach dem 7. Oktober. Gleichzeitig haben die Menschen in Israel auch Angst: Was bedeutet das alles für Israel und seine Zukunft?

Rendez-vous, 19.09.2024, 12:30 Uhr ; 

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