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Rechtsextreme Juden Israeli gegen Israeli: Was ist genau passiert?

In Israel begannen gestern Abend die Feiern zum Gedenktag für gefallene Soldaten und Terroropfer. Es kam zu Protesten während der Feierlichkeiten und zu einem schockierenden Fall von Gewalt rechtsextremer Juden. Am Dienstag griffen jüdische Extremisten eine Synagoge an, in der eine gemeinsame jüdisch-palästinensische Gedenkfeier stattfand. SRF-Auslandredaktorin Susanne Brunner erklärt, was passiert ist.

Susanne Brunner

Leiterin Auslandredaktion

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Susanne Brunner war für SRF zwischen 2018 und 2022 als Korrespondentin im Nahen Osten tätig. Sie wuchs in Kanada, Schottland, Deutschland und in der Schweiz auf. In Ottawa studierte sie Journalismus. Bei Radio SRF war sie zuerst Redaktorin und Moderatorin bei SRF 3. Dann ging sie als Korrespondentin nach San Francisco und war nach ihrer Rückkehr Korrespondentin in der Westschweiz. Sie moderierte auch das «Tagesgespräch» von Radio SRF 1. Seit September 2022 ist sie Leiterin der Auslandredaktion von Radio SRF.

Hier finden Sie weitere Artikel von Susanne Brunner und Informationen zu ihrer Person.

Was ist genau passiert?

In Ranana griffen Dutzende jüdische Rechtsnationalisten die Beit-Samueli-Synagoge an. Dort wurde eine gemeinsame jüdische und palästinensische Gedenkfeier aus Tel Aviv übertragen. Jüdische und palästinensische Israeli hatten sich in dieser Synagoge versammelt, um die Feier zu schauen. Rechtsextreme hatten schon im Vorfeld gedroht, diese Feier anzugreifen, trotzdem waren laut israelischen Medienberichten nur eine Handvoll Polizisten vor Ort. Die Polizei versuchte, die Menschen aus der Synagoge zu evakuieren, aber die Gewalttäter verfolgten einzelne, die an der Feier teilgenommen hatten. Sie schlugen Autoscheiben mit Steinen ein, zündeten Feuerwerkskörper und skandierten Parolen wie «Geht doch nach Gaza!» sowie rassistische Sprüche gegen Araber. Es gab mehrere Verletzte. Drei Personen wurden verhaftet.

Gegen wen richtete sich die Gewalt?

In erster Linie richtet sie sich gegen die palästinensisch-stämmige Bevölkerung und gegen die Jüdinnen und Juden, die mit ihr gemeinsam solche Veranstaltungen machen. Immerhin ein Fünftel der israelischen Gesellschaft sind Palästinenser mit israelischem Pass. Es gibt in Israel einige Organisationen, in denen jüdische und palästinensische Israeli gemeinsam für Frieden einstehen. Sie stehen seit dem 7. Oktober 2023 unter Generalverdacht und auch unter extremem Druck von Kreisen, für die alle Palästinenser Terroristen sind und alle Linken Terror-Unterstützer. Es gibt auch orthodoxe Kreise, welche sowieso finden, dass Mitglieder von Reform-Synagogen wie der angegriffenen gar nicht echte Jüdinnen und Juden sind.

Was sagt dieser Angriff von Israeli auf Israeli über die Spaltung der Gesellschaft aus?  

Dieser Angriff ist besorgniserregend: Gewalt gegen eine Synagoge, am Gedenktag für gefallene Soldaten und Terroropfer. Diese Menschen haben selbst Gefallene und Opfer zu beklagen, das ist schon eine erschreckende Dimension. In Israel wurde schon immer offen und heftig gestritten. Die Hamas befeuert diese Spannungen zusätzlich: Würde sie die Geiseln freilassen und ihre Macht abgeben, wie das Israel verlangt, käme Israels Regierung eher unter Druck, den Krieg im Gazastreifen und damit auch die seit bald zwei Monaten dauernde Aushungerung der Bevölkerung dort zu beenden.

Gibt es in Bezug auf den Krieg in Israel noch etwas, worauf sich alle einigen können? 

Ja, dass die Hamas wegmuss, dass sie die Geiseln freilassen muss und keine Macht mehr im Gazastreifen haben darf.

Gibt es in Israel noch mässigende Stimmen? 

Es gibt sie, aber der Angriff auf die Synagoge hat gezeigt, dass es in der israelischen Gesellschaft Kreise gibt, welche nichts davon hören wollen. Diese sind auch in der Regierung vertreten: Politiker, die offen gegen Andersdenkende hetzen und alleine bestimmen wollen, was jüdisch sein heisst. Der israelische Präsident Izchak Herzog hat auch an diesem Gedenktag zur Einigung des Landes aufgerufen, und zur Bekämpfung des Hasses – allerdings vergeblich, wie es scheint.

SRF 4 News, 30.4.2025, 8:40 Uhr ; 

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