Vom Aussenministertreffen der westlichen Militärallianz waren Antworten an die Adresse Russlands erwartet worden. Laut Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat man diese tatsächlich geliefert: Das Treffen im Nato-Hauptquartier in Brüssel an sich sei bereits eine wichtige Botschaft an Moskau.
Ukraine erhält nicht mehr Hilfe
Anders als die meisten Beobachter erwartet hatten, erfolgte sie allerdings ausschliesslich mündlich und nicht mal ansatzweise militärisch. Zwar wurde der ukrainische Aussenminister als Bittsteller empfangen, doch er musste mit leeren Händen wieder gehen: Weder kriegt sein Land mehr Waffenhilfe, noch ist die Nato bereit, die Forderung nach zusätzlichen Kriegsschiffen zur Unterstützung der Ukraine im Konflikt um das Asowsche Meer zu entsenden.
Die Nato tue bereits viel, unterstreicht Stoltenberg. Man unterstütze die Ukraine in mancherlei Hinsicht, in der Ausbildung, im Nachrichtendienst, bei der Cyberabwehr und mit Luftpolizeieinsätzen. Doch mehr ist momentan nicht vorgesehen, nicht mal eine symbolische Massnahme. Die Solidaritätsbekundung bleibt also rein verbal.
Umstrittene Mittelstrecken-Atomraketen
Ganz ähnlich tönt es beim anderen grossen Streitthema, beim Verbotsabkommen über atomare Mittelstreckenwaffen in Europa. Seit Jahren verletze Russland dieses Abkommen, sagt US-Aussenminister Mike Pompeo. Und erstmals pflichten ihm die übrigen Aussenminister der Nato-Staaten entschieden bei.
Die Amerikaner haben deshalb bereits angedroht, ihrerseits den Vertrag zu kündigen. Doch ob und wann sie das tatsächlich tun, lässt Pompeo völlig offen. Offenbar will man Russland noch etwas Zeit geben, seine neuen und gemäss Vertrag illegalen Marschflugkörper wieder zu zerstören – was jedoch kaum geschehen dürfte.
Wie reagiert der Kreml?
Die russische Regierung hat sich gegen den Vorwurf der Nato verwahrt, gegen den INF-Abrüstungsvertrag zu verstossen. Aussenamtssprecherin Maria Sacharowa erwiderte, für die Vorwürfe gebe es «keinen Beweis». Das INF-Abkommen sei für ihre Regierung ein «Stützpfeiler globaler Stabilität und internationaler Sicherheit».
Sollten die USA allerdings den nuklearen Abrüstungsvertrag kündigen, wolle Russland mit Kurz- und Mittelstreckenraketen aufrüsten. Mehrere Länder seien bereits dabei, solche Waffen zu produzieren. Nur Russland und die USA hätten sich auf bilateraler Ebene eingeschränkt, sagte Kremlchef Wladimir Putin russischen Medien zufolge in Moskau. Die USA gingen offenbar davon aus, dass sich die Situation verändert habe und sie deshlab solche Waffen besitzen sollten.
Wie werden wir antworten? Ganz einfach: Wir werden das gleiche tun.
Unabhängig davon ist klar: Kaum ein europäisches Land wäre bereit, als Abschreckungsgebärde gegenüber Russland seinerseits landgestützte atomare Mittelstreckenraketen aufzustellen. Deshalb erklärt Nato-Generalsekretär Stoltenberg, man müsse ja nicht dasselbe tun wie Russland. Vielmehr werde man massvoll reagieren.
In der Nato setzen sich also die Tauben durch. Das kann eine grosse Chance sein. Vorausgesetzt, man begreift sie auch im Kreml als solche und unternimmt ebenfalls Schritte zur Entspannung und Vertrauensbildung.