Seit dem historischen Gipfel von Singapur mit US-Präsident Donald Trump und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un ist schon über ein Monat vergangen. Sie inszenierten sich als Brückenbauer und Friedensarchitekten und wollten im Gespräch bleiben. Was davon geblienen ist, skizziert Nordostasien-Korrespondent Martin Aldrovandi.
SRF News: Nach dem Gipfel Anfang Juni wurden grosse Erwartungen geschürt. Was ist seither passiert?
Martin Aldrovandi: Bis jetzt eigentlich nicht viel. Auf der gemeinsamen Erklärung nach dem Treffen stand ja auch kaum etwas Verbindliches. Entsprechend ist man auch heute sehr weit entfernt von Trumps damaliger Aussage, die Krise sei nun weitgehend gelöst.
Wichtigstes sicherheitspolitisches Thema war und ist die nukleare Abrüstung Nordkoreas. Gibt es zumindest in diesem Bereich Fortschritte?
Danach sieht es momentan nicht aus. Die Rede war damals auch von einer Raketen-Testanlage, die nach den Worten von Trump zerstört werden soll. Das konnte bisher nicht bewiesen werden. Es wird vielmehr angenommen, dass Nordkorea sein Atomprogramm weiter vorantreibt. Eine unabhängige Prüfung ist weiterhin nicht möglich, weil Nordkoreas Atomprogramm geheim bleibt und unabhängige Inspektoren nicht ins Land gelassen werden.
Es wird vielmehr angenommen, dass Nordkorea sein Atomprogramm weiter vorantreibt.
Was ist mit den sterblichen Überresten der Anfang der 1950er-Jahre im Korea-Krieg gefallenen US-Soldaten, die rasch den USA übergeben werden sollten?
Auch hier gibt es kaum Neues, obwohl man im Gegensatz zu anderen Streitpunkten von einer raschen Reaktion Nordkoreas ausgegangen war. Auch mit Blick auf einen Heimerfolg für Trump. Es gab zwar Treffen, und einige Treffen zu diesem Thema wurden auch wieder abgesagt. US-Aussenminister Mike Pompeo ist es bisher nicht gelungen, die Überreste der rund 200 Soldaten heimzuholen. Auch hier haben es die Nordkoreaner offensichtlich nicht so eilig wie die USA und lassen Trump warten.
Das Tauwetter zwischen den USA und Nordkorea wirkte sich auch auf Südkorea aus. Gibt es hier Fortschritte?
Ja und nein. Es gab solche Zusammenkünfte auch schon in der Vergangenheit. Sie wurden während dreier Jahre ausgesetzt, als in Südkorea Park Geun Hye Präsidentin war, die eine harte Nordkorea-Politik verfolgte. Nun will man die Familienzusammenführungen im August wieder aufnehmen. Das wurde beim ersten Treffen zwischen dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in und Kim Jong Un bereits im Frühling angekündigt. Es ist ein Thema, für welches sich Moon Jae-in besonders eingesetzt hat. Ich würde es nicht als Trumps Erfolg bezeichnen.
Waren die Erwartungen an den Gipfel zu hoch?
Davon muss man leider ausgehen, wobei auch damals die meisten Experten bereits im Vorfeld genau davor gewarnt hatten. Die Vergangenheit zeigt ein ständiges Auf und Ab der Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea wie auch mit den USA. Vor zehn Jahren beispielsweise sprengte Nordkorea den Kühlturm einer Atomanlage sehr medienwirksam vor internationalen Medien. Ungeachtet dieses vermeintlichen Zugeständnisses lief das Atomprogramm aber einfach weiter.
Das Gespräch führte Roger Aebli.