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Parlamentswahlen in Kroatien Komfortable Situation für den Regierungschef

Der Wahlsieg der konservativen HDZ ist in erster Linie ein Erfolg ihres Chefs. Andrej Plenkovic hat Kroatien bisher verhältnismässig erfolgreich durch die Pandemiekrise geführt, auch wenn die Ansteckungszahlen in den letzten Tagen wieder merkbar gestiegen sind.

Plenkovic trauen mehr Wählerinnen und Wähler zu, die kommende Wirtschaftskrise zu meistern als dem Chef der Sozialdemokraten, Davor Bernardic. Dieser gestand das schlechte Resultat ein und kündigte an, dass der Parteivorstand heute über seinen Rücktritt beraten werde.

Regierungschef Plenkovic hat mit seiner konservativen Partei viel mehr Sitze im Parlament geholt als erwartet, ihm fehlen nur ein paar wenige für eine absolute Mehrheit.

Zwei Möglichkeiten für Regierungsbildung

Für die Regierungsbildung hat er jetzt zwei Möglichkeiten: Die Erste ist eine Koalition mit den Abgeordneten der nationalen Minderheiten. Damit hätte Plenkovic zwar nur eine knappe Mehrheit, aber er könnte seinen bisherigen politischen Kurs unverändert fortsetzten. Er hat seine Partei von ziemlich weit rechts in die Mitte geführt und hatte damit bei der Wählerschaft offensichtlich Erfolg.

Die andere Möglichkeit wären Verhandlungen mit der Vaterländischen Bewegung. Diese ultrakonservative, nationalistische Bewegung hatte darauf spekuliert, dass Plenkovics HDZ nur mit ihren Stimmen auf eine Mehrheit im Parlament kommen würde und dass sie ihm damit den Tarif diktieren könnte.

Komfortablen Verhandlungsposition

Diese rechte Vaterländische Bewegung kommt jetzt zwar auf zirka zehn Prozent der Sitze im Parlament, aber Plenkovic muss sich ihrem Diktat nicht beugen. Er hat auch eine andere Option und ist damit in einer komfortablen Verhandlungsposition.

Damit ist die Gefahr weitgehend gebannt, dass Kroatien monatelang warten muss, bis es eine neue Regierung hat. Ungewissheit und politische Instabilität ist das Letzte, was das Land im Moment brauchen kann. Wegen der extremen Abhängigkeit vom Tourismus steht Kroatien infolge der Pandemie vor einer grossen Wirtschaftskrise. Es braucht unbedingt eine handlungsfähige Regierung.

Christoph Wüthrich

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Christoph Wüthrich ist Ausland-Redaktor bei Radio SRF und zuständig für den Westbalkan. Er hat Slawistik und Geschichte studiert.

Heute Morgen 06.07.2020, 06:00 Uhr

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