Zum Inhalt springen

Probleme in Chemnitz Die Wutbürgerin und der Flüchtling

Eigentlich mögen sie einander überhaupt nicht – die rechtsbürgerliche Deutsche Heike Schöne und der syrische Flüchtling Thaer Ayoub, beide aus Chemnitz. Die «Rundschau» hat beide zusammengeführt.

Sie traut sich abends kaum noch auf die Strasse. In der Handtasche trägt sie Pfefferspray. Die Stadt sei unsicher geworden, sagt Heike Schöne aus Chemnitz. Sie ist 57 Jahre alt, lebt in einer Ein-Zimmer-Wohnung im Plattenbaugebiet. Dort leben viele Alte, aber auch viele Ausländer. Und genau vor denen hat Heike Schöne Angst.

Video
Heike Schöne: «Ich habe nichts gegen Ausländer, solange sie uns respektieren»
Aus News-Clip vom 05.09.2018.
abspielen. Laufzeit 43 Sekunden.

Sogar vor den Kindern, die ausländische Wurzeln haben. «Auf den Strassen betteln die Kleinen schon um Zigaretten», sagt sie. «Und wenn du Nein sagst, dann wirst du angespuckt. Wenn du mit der Polizei drohst, sagen die, die tun uns doch nichts.»

Thaer Ayoub aus Aleppo

Er ist Flüchtling aus Aleppo, sass dort im Gefängnis, kam über die Balkanroute nach Deutschland – der 28jährige Thaer Ayoub. Seit vier Jahren lebt er in Chemnitz. Das erste Jahr hat er sich nicht aus der Wohnung getraut, nur gerade zum Einkaufen. Er sei mehrmals angepöbelt und bespuckt, einmal sogar von Neonazis spitalreif geschlagen worden.

Video
Thaer Ayoub: «Ich bin nicht beleidigt»
Aus News-Clip vom 05.09.2018.
abspielen. Laufzeit 19 Sekunden.

Mittlerweile hat er Deutsch gelernt, er verteidigt sich mit Worten. Er bezieht Hartz IV, schreibt zuhause Gedichte und malt. Von Chemnitz will er lieber heute als morgen weg – in eine grössere Stadt, wo es weniger Gewalt gegen Fremde gibt. «Ich bin nicht beleidigt», sagt er. «Aber es nervt, dass man solche Situationen erlebt und nicht in Frieden auf der Strasse laufen kann.»

Wutbürgerin trifft Flüchtling

Beide, Heike Schöne und Thaer Ayoub, sind in den letzten zehn Tagen fast täglich auf die Strasse gegangen. Beide haben gegeneinander demonstriert, beide kennen sich nicht. Normalerweise würden sie sich aus dem Weg gehen.

Die «Rundschau» hat die beiden zusammengeführt. «Ausländer müssen sich anpassen», belehrt Heike Schöne den Flüchtling gleich nach der Begrüssung. «Das wollen wir», sagt der Syrer, «aber das braucht Zeit.» Die Deutsche sieht sich in der Opferrolle. «Nur weil wir gegen kriminelle Ausländer sind, werden wir als Nazis dargestellt.» Thaer Ayoub entgegnet: «Und wir Ausländer werden Terroristen genannt. Mit diesen Pauschalisierungen erleben Sie jetzt, womit ich als Flüchtling ständig leben muss.»

«Beide Seiten sollten mal miteinander reden», sagen die zwei, bevor sie sich zum Abschied die Hand reichen. In Chemnitz wird derzeit nicht viel geredet, sondern demonstriert. Und dies unter Bewachung von 1’800 Polizisten.

Video
Ein Treffen in Frieden
Aus News-Clip vom 05.09.2018.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 13 Sekunden.
Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel