Eine junge Frau* aus dem Iran hat in der Schweiz bei den Worldskills der Goldschmiede, einem internationalen Berufswettbewerb mit Teilnehmenden aus 14 Ländern, die Goldmedaille gewonnen. Es ist der Höhepunkt ihres beruflichen Werdegangs.
Doch die Stimmung kippt, denn die Iranerin möchte nach der Ehrung das Wort ergreifen. Die Aufnahme stoppt jedoch. Was die junge Frau sagt, erfährt man nur über einen Tweet. Sie nehme die Medaille nicht an – aus Protest wegen der Menschenrechtsverletzungen in ihrem Heimatland.
Mit gebrochenem Englisch sprach sie über die Unterdrückung der Frauen im Iran. Danach liess sie die Goldmedaille auf dem Podium liegen.
Taimoor Aliassi hat den Vorfall publik gemacht. Er ist gebürtiger Kurde aus dem Iran, Repräsentant bei den Vereinten Nationen in Genf und auch Mitglied im Genfer Stadtparlament.
«Mit gebrochenem Englisch sprach sie über die Unterdrückung der Frauen im Iran. Danach liess sie die Goldmedaille auf dem Podium liegen und wurde sofort von der iranischen Delegation zu ihrem Fahrzeug begleitet», sagt der UNO-Vertreter für Menschenrechte. Anschliessend sei sie mit der Delegation in ihr Hotel zurückgefahren.
Parallelen zu iranischer Kletterin
Was dann im Hotel in Genf geschehen ist, darüber kann man nur spekulieren. Die Sorge ist gross. Denn der Fall erinnert an eine andere Iranerin. Jene Sportkletterin, die Anfang Woche für Schlagzeilen gesorgt hatte, weil sie bei der Asienmeisterschaft in Südkorea ohne Kopftuch angetreten war. Nachdem sie in Seoul aus der Öffentlichkeit verschwunden war, meldete sie sich Tage später per Instagram aus Teheran zurück und entschuldigte sich für ihren Auftritt.
Taimoor Aliassi sieht Parallelen zwischen den beiden Fällen. Er beteuert, beide Frauen seien in Gefahr. «Ich bin überzeugt, dass auch die Frau in Genf von ihrer Delegation bedroht wurde. Sie haben sie sicher erpresst und Druck ausgeübt», so Aliassi.
Das iranische Gesetz besagt, dass alle, die das Regime kritisieren, vor allem auf einer internationalen Bühne und im Ausland, mit dem Tod rechnen müssen.
Ob Sportlerin oder Goldschmiedin – beide Frauen hätten mit ihrem Verhalten und ihren Äusserungen das Regime im Iran provoziert. Denn: «Das iranische Gesetz besagt, dass alle, die das Regime kritisieren, vor allem auf einer internationalen Bühne und im Ausland, mit dem Tod rechnen müssen», erklärt Aliassi.
Swiss Skills besorgt über Vorfall
Auch der Veranstalter Swiss Skills ist über den Vorfall besorgt. André Burri ist Geschäftsführer der Stiftung, die von Bund, Kantonen und Berufsverbänden getragen wird. So ein Ende der Siegerehrung war gar nicht geplant.
«Sie kam zu uns und fragte, ob sie noch ein paar Worte sagen darf», sagt Burri. «Es ist bei uns üblich, dass man sich bedanken darf. Entsprechend habe ich ihr diesen Platz auch gewährt. Es sprach eigentlich nichts dagegen.»
Weshalb aber zeigt Swiss Skills dann, wie die Iranerin zwar ihr Siegerstück fertigt, aber nicht, wie sie ihren ersten Platz den Frauen im Iran widmet? «Aus unserer Sicht ist das unsere Sorgfaltspflicht, dass wir das in diesem Rahmen lassen, in dem es vorgesehen war und nicht noch breiter streuen», erklärt Burri. «Wir haben beschlossen, dass es sicherer ist, wenn wir die Äusserungen nicht kommunizieren.»
Mittlerweile soll die junge Frau wieder im Iran sein – ob wirklich freiwillig, das weiss in Genf jedoch niemand.
*Um die Identität der Iranerin zu schützen, nennt die Redaktion ihren Namen bewusst nicht.