Worum geht es? Der maltesische Gesundheitsminister Chris Fearne will das Abtreibungsgesetz lockern. Die Labourregierung will diese Veränderung. Die Forderung Fearnes hat die grössten Proteste seit Jahren ausgelöst – mit Tausenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Welche Änderung soll vorgenommen werden? Die Abtreibung soll nicht völlig zugelassen werden. Die Gesetzesänderung soll nur im Ausnahmefall eine Abtreibung erlauben, nämlich wenn ein Arzt oder eine Ärztin feststellt, dass das Leben der Frau gefährdet ist. Würde in einem solchen Fall gemäss heutigem Gesetz eine Abtreibung vorgenommen, könnten Strafen von bis zu vier Jahren gegen die Ärzteschaft verhängt werden. Bislang wurde auf Malta noch keine solche Strafe verhängt.
Wieso die heftigen Reaktionen? Malta ist ein tief katholisches Land. «Unter anderem Vertreter der katholischen Kirche und Anhänger der Konservativen Partei sind auf die Strasse gegangen – mit Transparenten wie ‹Halten wir Abtreibung raus aus Malta›, ‹Schützen wir die Kinder›», berichtet Jörg Seisselberg. Der ARD-Korrespondent berichtet aus Rom. Die Verwurzelung in der katholischen Kultur sei für viele wichtig bei diesem Thema.
Stellen die Protestierenden die Mehrheit im Land? Laut Umfragen der letzten Wochen ist das nicht der Fall. «Es gibt erstmals eine Zahl von über 50 Prozent der Menschen, die sagen ‹Nein, hier müssen wir was verändern. Die Abtreibungsgesetzgebung ist nicht mehr zeitgemäss›. Das ist ein neuer gesellschaftlicher Trend in Malta», sagt Jörg Seisselberg. Doch über viele Jahre sei das strikte Abtreibungsgesetz in breiten Teilen der Bevölkerung unterstützt worden, trotz Kritik aus der Europäischen Union.
Was sagen die Parteien? Die Labourpartei hat diese Veränderung angestossen. Sie stellt die Regierung. «Aber auch aus diesem Wählerteil gab es bislang Zustimmung für die strikte Regelung», sagt der ARD-Korrespondent. Das hat sich nun erstmals geändert. Nach wie vor sei aber ein konsistenter Teil der Bevölkerung dafür, bei der bisherigen Regelung zu bleiben. «Dafür war die Demonstration ein Ausdruck. Die Vertreter der katholischen Kirche, der Nationalistischen Partei, aber auch viele katholische Nichtregierungsorganisationen haben dafür mobilisiert.»
Wird die Lockerung durchgesetzt? Journalist Jörg Seisselberg rechnet mit der Durchsetzung der Gesetzeslockerung. «Im Parlament gibt es die zweite Lesung. Die Labourregierung will diese Veränderung. Es gibt eine grosse Einigung, eine grosse Einigkeit in der Partei, diese Veränderung durchzuführen.»