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Einer der schwersten antisemitischen Anschläge der deutschen Nachkriegszeit
Aus Tagesschau vom 21.07.2020.
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Prozessauftakt im Fall Halle «Die Tat hätte in einem viel schlimmeren Blutbad enden können»

Neun Monate nach dem Anschlag im ostdeutschen Halle beginnt heute der Strafprozess. Der Angeklagte wollte gewaltsam in die dortige Synagoge eindringen – an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag. Weil er die Türe zur Synagoge nicht öffnen konnte, erschoss er in der Nähe zwei Personen und verletzte zwei weitere schwer.

SRF-Korrespondent Peter Voegeli verfolgt den Prozess in Magdeburg. Dem Angeklagten droht eine lebenslange Haftstrafe.

Peter Voegeli

Peter Voegeli

Italien-Korrespondent

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Peter Voegeli ist seit Januar 2022 Italien-Korrespondent von Radio SRF. Von Rom aus hat er auch den Vatikan, Griechenland und Malta im Blick. Zwischen 2005 und 2011 berichtete er als USA-Korrespondent aus Washington DC. Danach war er während dreieinhalb Jahren Moderator von «Echo der Zeit» und von 2015 bis 2021 Deutschland-Korrespondent in Berlin. Von 1995 bis 2005 arbeitete der Historiker als Korrespondent für Schweizer Printmedien in Bonn und Berlin.

SRF News: Was steht in der Anklageschrift?

Peter Voegeli: Der Generalbundesanwalt, also der höchste deutsche Ankläger, wirft dem 28-jährigen Mann Mord in zwei Fällen und Mordversuch in weiteren Fällen vor. Zwei Menschen wurden erschossen. Aber man darf nicht vergessen: Die Tat hätte in einem noch viel schlimmeren Blutbad enden können.

Er scheiterte nur daran, dass seine selbstgebauten Waffen und Sprengsätze nicht richtig funktionierten.

In der Synagoge befanden sich zu dem Zeitpunkt 52 Menschen. Auf der Flucht schoss der Angeklagte auf 16 weitere Personen, zum Teil aus nächster Nähe. Er scheiterte nur daran, dass seine selbst gebauten Waffen und Sprengsätze nicht richtig funktionierten. Ihm droht nun eine lebenslange Haft.

Was weiss man über den mutmasslichen Täter?

Der Mann war ein Einzelgänger, ohne Beruf, ohne Arbeit. Ein Chemiestudium hat er abgebrochen. Er lebte bei seiner Mutter und hatte nie eine Beziehung. Sich selbst sah er als «Loser», als Verlierer, so die Anklageschrift. Der Mann radikalisierte sich dann im Internet.

Der Anschlag auf zwei Moscheen in Christchurch motivierte ihn, in Deutschland etwas Ähnliches zu tun.

Er wurde zu einem rechtsextremen Antisemiten, und der Anschlag auf zwei Moscheen in Christchurch motivierte ihn, in Deutschland etwas Ähnliches zu tun. Er wählte eine Synagoge aus, und er wollte damit auch zeigen, wie jeder mit selbst gebauten Waffen einen Anschlag durchführen könne.

Es handelt sich in diesem Fall um einen der schlimmsten antisemitischen Anschläge beziehungsweise Anschlagsversuche der deutschen Nachkriegsgeschichte. Welche Bedeutung hat der Prozess in dieser Hinsicht?

Der Prozess wirft ein Schlaglicht auf die aktuelle Situation der Juden in Deutschland. Ich habe mit zahlreichen Jüdinnen und Juden gesprochen. Und alle haben gesagt: «Der Anschlag von Halle hat uns nicht überrascht. Wir haben früher oder später damit gerechnet.» Seit fünf bis sechs Jahren habe sich das Klima in Deutschland verändert, vor allem seit dem Gaza-Krieg 2014.

Der Leiter des Verfassungsschutzes in Thüringen sagt, der Anschlag in Halle war ein eklatantes Sicherheitsversagen von Polizei und Behörden.

Ich habe auch mit dem Leiter des Verfassungsschutzes in Thüringen gesprochen. Eine sehr interessante Persönlichkeit, weil er Experte ist und selbst Jude. Er sagt, der Anschlag in Halle war ein eklatantes Sicherheitsversagen von Polizei und Behörden.

Das Gespräch führte Roger Aebli.

SRF 4 News, 21.07.2020, 06:35 Uhr;

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