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Regierungschefin Liechtenstein «Uns ist es sehr wichtig, dass es der Schweiz gut geht»

Liechtenstein und die Schweiz bilden seit 1923 eine Zollunion und strebten bei den Verhandlungen um die US-Zölle eine gemeinsame Lösung an. Davon unbeeindruckt brummte der US-Präsident Liechtenstein 15 Prozent, der Schweiz 39 Prozent auf. Was die unterschiedlichen Zölle für das Fürstentum nun bedeuten, erklärt Liechtensteins Regierungschefin Brigitte Haas bei ihrem Antrittsbesuch in der Schweiz.

Brigitte Haas

Regierungschefin von Liechtenstein

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Brigitte Haas ist seit April 2025 Regierungschefin von Liechtenstein und leitet das Ministerium für Präsidiales und Finanzen. Die Juristin ist die erste Frau, die dieses Amt in der Geschichte des Fürstentums ausübt.

SRF News: Sie haben unsere Bundespräsidentin getroffen. Was haben Sie mit ihr zum Thema Zölle besprochen?

Brigitte Haas: Die Bundespräsidentin hat mich zum Antrittsbesuch eingeladen, was mich sehr ehrt und freut. Selbstverständlich waren die Zölle ein Thema. Es ist sehr schwierig, wenn ein Land so hohe Zölle erhalten hat. Und deshalb haben wir versucht herauszufiltern, wie die Schweiz auch weiter gut wirtschaften könnte.

Auch unsere Unternehmen sind indirekt von den Schweizer Zöllen betroffen.

Inwiefern sind die Zölle für die Schweiz auch für Sie keine gute Nachricht?

Liechtenstein und die Schweiz arbeiten eng zusammen. Wir haben die Zollunion und auch einen engen Austausch auf wirtschaftlicher Seite. Liechtenstein ist sehr klein und wir haben keinen Heimmarkt. Die drei grössten Exportländer sind Deutschland, die Schweiz und die USA. Für uns ist es sehr wichtig, dass es der Schweiz gut geht. Unsere Firmen sind Zulieferer zu Schweizer Unternehmen. Deshalb sind auch unsere Unternehmen indirekt von den Schweizer Zöllen betroffen.

Ist es aufgrund der Zollunion zwischen der Schweiz und Liechtenstein ein Problem, wenn für beide Länder jetzt unterschiedliche Zölle gelten?

Die unterschiedlichen Zölle sind Importzölle der USA. Das heisst, die USA entscheiden, welche Industrieprodukte sie dem Zollkreis Schweiz oder Liechtenstein zuordnen. Für die Zollbehörden ist das bestimmt eine Herausforderung. Denn normalerweise steht beim Ursprung «Switzerland» – auch wenn dahinter liechtensteinische Unternehmen stehen.

Bisher stand bei unseren Produkten im Ursprungszeugnis nicht drin, dass dieses aus Liechtenstein stammt.

Die liechtensteinischen Produzentinnen und Produzenten müssen also sicherstellen, dass sie nicht diese 39 Prozent zahlen müssen?

Wir wissen nicht genau, wie die USA ihre Zolltarife festlegen. Bisher stand bei unseren Produkten im Ursprungszeugnis nicht drin, dass dieses aus Liechtenstein stammt. Die liechtensteinische Industrie- und Handelskammer klären derzeit ab, ob dies künftig noch eingefügt werden müsste.

Zwei Frauen in formeller Kleidung, seitlich stehend.
Legende: Als neue liechtensteinische Regierungschefin war Brigitte Haas auf Antrittsbesuch in der Schweiz. KEYSTONE/Peter Klaunzer

Ist Liechtenstein weiter engagiert, mit den USA weiterzuverhandeln?

Nein, Liechtenstein akzeptiert die 15 Prozent.

Es könnte theoretisch die Möglichkeit geben, dass Schweizer Firmen versuchen, via Liechtenstein zu exportieren. Würden Sie da Hand bieten?

Es ist wahrscheinlich sehr schwierig, ein Industrieunternehmen innert kürzester Zeit umziehen zu lassen. Und ich glaube, es wird sich jedes Unternehmen sehr gut überlegen, falls es wirklich daran denkt, die Schweiz zu verlassen. Es gibt die Befürchtung, dass es Umgehungshandlungen geben könnte, aber die werden mit 40 Prozent Zoll belegt. Ich glaube kaum, dass sich das jemand antun möchte.          

Wir haben ein sehr gutes Verhältnis und uns ist es wichtig, dass dies so bleibt.

Wie zufrieden ist Liechtenstein mit der Schweiz als Partnerin?

Wir haben ein sehr gutes Verhältnis und uns ist es wichtig, dass dies so bleibt. Das Beste ist immer, wenn es eine sogenannte Win-win-Situation gibt, und die gibt es nur, wenn beide gewinnen. Das ist etwas, was wir schon seit über 100 Jahren pflegen und was wir beibehalten wollen. Denn dies bedeutet Verlässlichkeit, Stabilität und Sicherheit.                  

Das Gespräch führten Rouven Gueissaz und Rafael von Matt.

Tagesschau, 11.8.2025, 19:30 Uhr ; 

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