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Regierungskrise in Frankreich Der engste Vertraute Macrons soll es richten

Er ist kein Mann, der gerne im Rampenlicht steht. Sébastien Lecornu ist bereits seit 2017 in der französischen Regierung, und hat seit drei Jahren eine tragende Rolle als Verteidigungsminister – trotzdem ist der 39-jährige Macronist in der französischen Bevölkerung wenig bekannt.

Umschreiben kann man ihn als diskret, pragmatisch und gut vernetzt im Parlament. Einer der wichtigsten politischen Vertrauten von Emmanuel Macron, und einer der wenigen, die dem französischen Präsidenten loyal geblieben sind. Verständlich also, dass Macron ihn gerne als Premierminister an seiner Seite sieht.

Die Nomination hat aber einen Haken: Sowohl die Oppositionsparteien im Parlament als auch ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung stehen nicht mehr hinter dem Präsidenten und seiner Partei. Sie möchten einen Neuanfang und fordern eine Zäsur.

Neuer Anlauf mit altem Personal

Dass Emmanuel Macron seinen treuesten Weggefährten nominiert, könnte deshalb als erneute Missachtung des Volkswillens und der politischen Verhältnisse seit den Parlamentswahlen vor einem Jahr aufgefasst werden. Denn dort haben die Unterstützer des französischen Präsidenten verloren.

Die Reaktionen der Oppositionsparteien fallen dementsprechend heftig aus – und die Reaktionen auf der Strasse folgen bereits diesen Mittwoch; am nationalen Streik- und Demonstrationstag.

Hoffnungsschimmer «neue Methode»

Auch beim dritten Anlauf innerhalb eines Jahres geht Macron keinen neuen Weg und verwirft die Idee eines Premierministers einer anderen politischen Formation. Glaubt der französische Präsident tatsächlich, dass er mit dem gleichen Vorgehen ein anderes Resultat erzielen wird?

Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es: Anders als bei den vorangegangenen Ernennungen verlangt Emmanuel Macron dieses Mal Verhandlungen mit allen Parteien der Nationalversammlung. Erst wenn Sébastien Lecornu sich abgesichert habe, dass sein Budget im Herbst vom Parlament akzeptiert wird, soll er eine Regierung zusammenstellen.

Die Verhandlungen werden einen hohen Preis haben. Der neue Premierminister ist neben dem zentralen Block nämlich auf die Unterstützung der Sozialisten und der Républicains angewiesen – oder auf das rechtsnationale Rassemblement National.

Wenn Emmanuel Macron es wirklich ernst meint mit den Kompromissen, wird er zum Beispiel akzeptieren müssen, dass seine Steuererleichterungen für Unternehmen und reiche Privatpersonen zum Teil rückgängig gemacht werden – zugunsten eines Stillhalte-Abkommens mit den Sozialisten. Mit diesem Zugeständnis könnte Macron den ersten Schritt auf dem schmalen Grat aus der politischen Krise machen.

Mirjam Mathis

Frankreich-Korrespondentin

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Mirjam Mathis ist seit 2022 SRF-Korrespondentin in Frankreich (Paris). Zuvor arbeitete sie als Korrespondentin in der Westschweiz.

Tagesschau, 09.09.2025, 19:30 Uhr

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