- Nur wenige Wochen nach seinem Amtsantritt ist der französische Premierminister Sébastien Lecornu zurückgetreten.
- Präsident Emmanuel Macron habe den Rücktritt angenommen, teilte das Präsidialamt in Paris mit.
- Der am 9. September ernannte Lecornu stand unter Beschuss der Konservativen und der Rechten.
Der 39-jährige Lecornu war der fünfte Regierungschef in weniger als zwei Jahren. Der schnelle Rücktritt kommt überraschend: Erst am Vorabend hatte Lecornu die Verteilung der Schlüsselressorts in der künftigen Regierung bekannt gegeben.
Er hat damit die Konservativen gegen sich aufgebracht, die prompt mit einem Rückzug aus der Regierung drohten. In dieser regieren die Républicains mit dem Mitte-Lager von Präsident Emmanuel Macron, die Regierung hat im Parlament aber keine Mehrheit.
Konservative drohten mit Rückzug aus Regierung
Der in seinem Amt bestätigte Innenminister und Républicain-Vorsitzende Bruno Retailleau hatte sich noch am Sonntagabend unzufrieden über die Zusammensetzung der neuen Regierung geäussert und eine Krisensitzung seiner Partei für diesen Montag angekündigt.
Noch vor dem Start dieser Sitzung trat der Premier, der aus dem Präsidentenlager stammt, zurück. Retailleau hatte zuvor ein Drittel der Ministerposten für seine Partei verlangt und war über die Rolle und das Gewicht der Konservativen in der neuen Regierung unzufrieden, berichteten Medien unter Verweis auf Parteiverantwortliche. Für Empörung bei den Konservativen sorgte demnach auch, dass der 2024 ausgeschiedene langjährige Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire, der der Mitte-Partei von Macron angehört, überraschend zum Verteidigungsminister bestimmt wurde.
Unter Beschuss der Rechten
Der Vorsitzende des Rassemblement National (RN), Jordan Bardella, forderte Emmanuel Macron am Montag nach dem Rücktritt von Premierminister Sébastien Lecornu auf, die Nationalversammlung aufzulösen.
«Ohne Neuwahlen und ohne die Auflösung der Nationalversammlung kann es keine Stabilität geben», erklärte Bardella bei seiner Ankunft im Parteizentrum.
Frankreich steckt in Haushaltskrise
Frankreich befindet sich nun in einer schweren Politikkrise, die Präsident Macron massiv unter Druck setzt. Er ist jetzt gezwungen, zum dritten Mal in diesem Jahr auf die Suche nach einem neuen Premierminister zu gehen. Allerdings kann er auch das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen. Die Vorgängerregierung unter François Bayrou stürzte bei einer Vertrauensfrage im Streit um den geplanten Sparhaushalt. Das Land hat mit rund 3.3 Billionen Euro die höchsten Schulden in der Europäischen Union.
Auch Lecornus Vorgänger François Bayrou war nur neun Monate im Amt. Er war im Parlament über eine Vertrauensfrage gestürzt. Bayrou trat für einen Sparkurs ein, mit dem er die Staatsverschuldung in den Griff bekommen wollte.