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Ukraine-Flüchtlinge: Weniger Gesuche, mehr Rückkehrer
Aus Rendez-vous vom 03.02.2023. Bild: KEYSTONE/Ti-Press/Pablo Gianinazzi
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Rückkehr in die Ukraine Trotz Angriffen: Tausende bereits in die Ukraine zurückgekehrt

Rund 65'000 Schutzsuchende aus der Ukraine leben derzeit mit dem sogenannten Status S in der Schweiz. Während ihre Zahl zu Beginn des Kriegs stark anstieg, ist sie nun seit Monaten relativ stabil. Das liegt auch daran, dass sich die Frontlinien im Krieg kaum noch verschieben.

Zunehmend gibt es nun auch Geflüchtete, die zurückkehren wollen, trotz Winter und andauernden Angriffen auf die zivile Infrastruktur.

Rückkehr: «Praktisch täglich Anmeldungen»

Lea Meier berät bei der kirchlichen Kontaktstelle für Flüchtlingsfragen in Bern Geflüchtete, die zurückwollen. Die Rückkehrberatung hat ein Mandat des Bundes. «Wir haben praktisch täglich Anmeldungen», so Meier, die Ukraine gewinne bereits seit vergangenem Sommer an Bedeutung.

Wer sich für eine Rückkehrberatung anmeldet, erhält neben Informationen unter anderem ein Ticket für die Heimreise und finanzielle Unterstützung in der Höhe von 500 Franken bei Erwachsenen und 250 Franken bei Kindern. 

Ukrainische Flüchtlingean einem Inforamtionsanlass in Murten (BE).
Legende: Ukrainische Flüchtlinge an einem Informationsanlass in Murten (BE). Keystone

Das Angebot ist auch gefragt, weil die Zahl der Rückreisen steigt. Seit September wurde – mit einer Ausnahme – monatlich jeweils deutlich über tausendmal der Status S beendet. Dies in der Regel, weil Betroffene aus der Schweiz ausreisen.

Schweiz nähert sich Kipppunkt

Weil zugleich die Zahl der Neuerteilungen des Status S gesunken ist, nähert sich die Schweiz langsam einem Kipppunkt. «Falls die russische Seite keine weiteren Geländegewinne macht, könnte man davon ausgehen, dass gegen Sommer mehr Leute die Schweiz verlassen, als dass sie ein Schutzgesuch stellen», erklärt ein Sprecher des Staatssekretariats für Migration SEM.

Falls die russische Seite keine weiteren Geländegewinne macht, könnte man davon ausgehen, dass gegen Sommer mehr Leute die Schweiz verlassen, als dass sie ein Schutzgesuch stellen.
Autor: Sprecher des Staatssekretariats für Migration SEM

Insgesamt wurde der Status S seit Kriegsbeginn bei 8800 Personen aufgehoben. Etwa ein Viertel der Betroffenen nahm die Rückkehrberatung in Anspruch. «Wir informieren, dass man sich bei der Gemeinde abmelden sollte», sagt Rückkehrberaterin Meier. Auch praktische Fragen wie die Kündigung eines Handy-Abonnements würden geklärt.

Wie werden Rückkehrende aufgenommen?  

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In die Ukraine zurückkehrende Personen sind grundsätzlich willkommen. Die Einschätzungen des SRF-Experten David Nauer: «Es ist Sache jedes einzelnen, jeder hat seine eigene Risikotoleranz, seine eigene Lebenssituation.» Die Menschen in der Ukraine würden die Entscheidung ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger akzeptieren.

Allerdings melden sich längst nicht alle Betroffenen offiziell ab, wenn sie die Schweiz verlassen. Mitunter würden die Gemeinden erst erfahren, dass die Geflüchteten abgereist sind, wenn die Sozialhilfe nicht mehr bezogen werde oder die Kinder nicht mehr in der Schule auftauchten, heisst es beim SEM.

Eine junge Frau bei mir in der Beratung wollte ihre Ausbildung in der Ukraine weiterführen.
Autor: Lea Meier Rückkehrberaterin

Wer jetzt schon zurückreise, gehe oft in Gebiete, die relativ weit weg von der Front liegen, so Meier. Und wer jetzt gehe, habe gute Gründe. «Eine junge Frau bei mir in der Beratung wollte ihre Ausbildung in der Ukraine weiterführen.» Auch eine Mutter mit zwei Kindern habe sich beraten lassen. Neben dem Heimweh habe auch ein drohender Arbeitsplatzverlust in der Ukraine zum Rückreise-Entscheid geführt.

Das sagt auch Andrej Lushnicky, Präsident des ukrainischen Vereins in der Schweiz und Honorarkonsul seines Landes. Die allermeisten wollten irgendwann zurück, wer aber jetzt schon gehe, sehe oft nur zwei schlechte Optionen: Bleiben oder Rückkehr.

Timing «nicht ideal»

«Es gibt auch Frust bei einigen, die hier sind. Sie fühlen sich weit weg von zu Hause», so Lushnicky. Zudem hätten nur etwa 15 Prozent der Geflüchteten aus der Ukraine in der Schweiz Arbeit gefunden. «Es kann sein, dass diese Menschen ihr altes Leben zurück haben wollen.»

Allerdings sei das Timing dafür «nicht ideal», so Lushnicky. Der Winter habe gerade erst begonnen. Die unzuverlässige Versorgung mit Wasser, Strom und Heizung, dazu die russischen Angriffe: All das mache eine Rückkehr aktuell sehr schwierig.

Zweite Flucht in die Schweiz möglich

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In den Beratungen bei Rückkehrberaterin Lea Meier taucht oft die Frage auf: Was passiert, wenn Betroffene erneut flüchten müssen?  

Meier sagt dann jeweils klar, was auch der Bund bestätigt: mehrfache finanzielle Rückkehrhilfe gebe es zwar nicht. Den Status S aber können Ukrainerinnen und Ukrainer jederzeit noch einmal beantragen.

Denn was Meier weiss, wissen auch jene, die zurückkehren: «Die Menschen kehren in ein Kriegsland zurück. Natürlich reisen da die Angst und die Zukunftssorgen mit. Man spürt die Angst vor der Zukunft bei den Betroffenen sehr deutlich.»

SRF 4 News, 03.02.2023; 12:30 Uhr

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