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Russische Ölexporte Wie Greenpeace und die Nato zu Partnern werden

Mit einer Schattenflotte verkauft Russland trotz Sanktionen weiterhin Öl. Das hat auch Greenpeace auf den Plan gerufen.

Kunden für russisches Erdöl gibt es reichlich. Seit Europa als direkter Absatzmarkt ausfällt, springen China, Indien, die Türkei und viele andere gewichtige Volkswirtschaften in die Bresche und kaufen kräftig ein – zu Dumpingpreisen.

Als Drehscheibe dienen unter anderen die arabischen Golfstaaten, sagt in einem Video des «Wall Street Journal» Viktor Katona von der Firma Kpler, die sich mit Daten und Analysen zu den Energiemärkten befasst: «Beim russischen Öl hat Dubai Genf als Haupthandelsstandort ersetzt.»

Im Nahen Osten, aber auch in Ostasien, in der Türkei und anderswo wird zudem russisches Öl raffiniert. Die Endprodukte, deren russischer Ursprung nicht mehr zu erkennen ist, finden dann den Weg überallhin – auch in den Westen.

Russland verkauft weiterhin Öl in die ganze Welt

Anfänglich ein Problem war der Transport von Putins Erdöl. Seriöse Reedereien zogen sich zurück, da sie wegen der westlichen Sanktionen Schiffe fürs Russlandgeschäft nicht mehr versichern konnten. Deshalb baute Moskau eine riesige Schattenflotte auf.

Zwei Männer sitzen in einem luxuriösen Raum auf vergoldeten Stühlen und führen ein Gespräch.
Legende: Russlands Staatschef Wladimir Putin pries beim Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten den sprunghaft angestiegenen Handel in den höchsten Tönen. (Bild: Abu Dhabi, 06.12.23) IMAGO / APAimages

Elisabeth Braw von der US-Denkfabrik Atlantic Council befasst sich mit dieser Flotte und sagt: «Wie gross sie ist, wissen wir nicht. Es handelt sich ja um Schiffe, die nicht korrekt registriert sind. Die meisten waren mal registriert und sind dann sozusagen abgetaucht.»

Schätzungen reichen von 400 bis 1500 Schiffen. Tendenz: wachsend. Die allermeisten dürften für Russland unterwegs sein, einige auch für Nordkorea oder Iran.

In Schiffsregistern wie jenem von Lloyd's sind sie nicht verzeichnet und werden deshalb auch Geisterschiffe genannt. Sie operieren unter Flaggen von Ländern, die nicht genau hinschauen und keinen Ruf als Schifffahrtsnationen zu verlieren haben. Etwa Gabun: «Das ist momentan die Lieblingsnation für solche Tanker. Beliebt ist auch der afrikanische Binnenstaat Eswatini, das frühere Swaziland.»

Niemand kontrolliert diese Schiffe. Der Wartungszustand ist unklar. Besitzer sind nicht bekannte Reedereien, sondern verschachtelte, dubiose Konstrukte.

Die Nato weiss den Druck vonseiten Greenpeace zu schätzen

Elisabeth Braw spricht sarkastisch von einem Ruhestandsprojekt für abgetakelte, rostige, teils nur bedingt seetüchtige Tanker. Regelmässig schalten sie ihre Transponder aus, damit sie nicht geortet werden können. Selbst bei der Fahrt durch schwierige Meerengen, etwa bei Dänemark, verweigern sie Lotsendienste.

Greenpeace macht über die Öffentlichkeit Druck auf Regierungen, entschiedener gegen die Schattenflotte einzuschreiten.
Autor: Elisabeth Braw Analystin, US-Denkfabrik Atlantic Council

Entsprechend gross ist das Risiko von Zusammenstössen oder dass sie auf Grund laufen und eine Ölpest verursachen. Heikel ist auch, dass oft auf hoher See Öl von Schiff zu Schiff umgeladen wird – um Spuren zu verwischen.

Elisabeth Braw: «Genau aus diesem Grund setzt sich nun auch Greenpeace gegen diese Flotte ein.» Sie sieht die Schattenflotte als «ernsthafte Bedrohung der Meere und Küsten» und bezeichnet sie als «ganz üble Sache».

Demonstranten in Kajaks mit Protestplakaten neben einem grossen Schiff mit der Aufschrift 'JUST LUCY'.
Legende: Greenpeace ruft auf zu Protesten und umkurvt mit Schlauchbooten russische Schiffe. (im Bild: Greenpeace-Aktivisten vor dem russischen Tanker «Ust Luga» vor der Küste Norwegens, 25.04.2022) Ole Berg-Rusten/NTB/via REUTERS

Aus ideologischen Gründen liegt eine formelle Partnerschaft zwischen der Nato und Greenpeace gewiss nicht auf der Hand. «De facto ziehen sie hier aber am selben Strick», sagt Elisabeth Braw. «Das Engagement von Greenpeace ist hilfreich. Die Organisation macht über die Öffentlichkeit Druck auf Regierungen, entschiedener gegen die Schattenflotte einzuschreiten.»

Fehlende Sanktionsmöglichkeiten auf hoher See

Box aufklappen Box zuklappen

Ausserhalb der Hoheitsgewässer gehört das offene Meer allen. Auch durch Meerengen darf die Durchfahrt nicht einfach verweigert werden. Die für die Hochseeschifffahrt zuständige UNO-Organisation IMO beschloss inzwischen zwar eine Resolution gegen die illegalen Schifffahrtspraktiken, verlangt von Flaggenstaaten, internationale Regeln zu respektieren und ruft auf zu gründlichen Kontrollen, wenn Geisterschiffe in Häfen anlegen.

Doch durchsetzen könne sie ihre Beschlüsse nicht, sagt Elisabeth Braw: «Die IMO ist keine maritime Weltpolizei. Sie basiert auf Zusammenarbeit, auf Konsens.»

Die maritime Weltordnung basiert darauf, dass sich alle freiwillig an Regeln halten. Das funktionierte schon bisher nur bedingt. Die russische Schattenflotte höhlt das Regelwerk nun noch weiter aus.

Echo der Zeit, 05.05.2024, 18 Uhr

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