Nach 33 Jahren Unterbruch hat die Schweiz wieder eine Botschaft im Irak. Geführt wird sie von Botschafter Daniel Hunn – aus einem Hotelzimmer. Wie baut man eine Botschaft in einem Hotelzimmer auf? Und: Wie erlebt Daniel Hunn die momentanen Wahlen?
SRF News: Nach 33 Jahren hat die Schweiz wieder eine Botschaft im Irak. Wieso hat das so lange gedauert?
Daniel Hunn: Der Grund war die angespannte Sicherheitslage. Über 20 Jahre nach der US-Invasion und des Kriegs durch den IS ist der Irak erst seit 2018 wieder stabiler geworden. Darum ist es wichtig, dass die Schweiz wieder mit einer Botschaft vertreten ist.
Sie haben die Botschaft seit einem Jahr in einem Hotelzimmer aufgebaut. Wie muss man sich das vorstellen?
Wir haben im elften Stock im Hotel Babylon in Bagdad einen Korridor mit vier Büros und zwei Wohnbereichen für meine Stellvertreterin und mich gemietet. Mein Arbeitsweg ist sehr kurz, ich laufe nur den Gang entlang.
Nutzen Sie auch die Annehmlichkeiten des Hotels, wie Pool oder Frühstücksbuffet?
Ja, natürlich. Da wir uns ausserhalb des Hotels nicht frei bewegen können, sind wir froh um den Pool oder das Fitnessstudio. Und ja, morgens gehe ich zum Frühstücksbuffet.
Da wir uns ausserhalb des Hotels nicht frei bewegen können, sind wir froh um den Pool oder das Fitnessstudio. Und ja, morgens gehe ich zum Frühstücksbuffet.
Sie nennen es eine «Start-up-Botschaft». Was heisst das konkret?
Normalerweise kommt man als Botschafter in ein funktionierendes Umfeld. In Bagdad haben wir bei null angefangen. Ich kam mit zwei Kolleginnen, jeder mit zwei Koffern, und wir mussten alles selbst aufbauen, vom Bankkonto bis zur Telefonverbindung. Ich habe als Botschafter sogar selbst Computer verkabelt. Das braucht Pioniergeist.
Wie sinnvoll ist eine Schweizer Botschaft im Irak, wenn der Botschafter im Hotel sitzt und dieses nur unter strengen Sicherheitsvorkehrungen verlassen kann?
Ich sitze ja nicht nur im Hotel. Ich pflege Kontakte zu den Ministerien, nehme Schweizer Interessen wahr und unterstütze Firmen. Die diplomatische Kernaufgabe können wir auch mit dieser reduzierten Infrastruktur wahrnehmen.
Gibt es Pläne für einen Ausbau?
Ja, es gibt Pläne. Ab nächstem Jahr wollen wir im Visabereich aktiv werden. Bisher müssen Iraker für ein Visum nach Jordanien reisen. Bald sollen sie Anträge direkt in Bagdad einreichen können. Das wird die Reisemöglichkeiten, auch für Geschäftsleute, massiv erleichtern.
Gestern fanden im Irak die Parlamentswahlen statt, die Auszählung der Stimmen läuft noch. Was erhofft sich die Bevölkerung von diesen Wahlen?
Die Bevölkerung will vor allem, dass die Stabilität im Land erhalten bleibt. Man kann sagen, der Irak war seit Jahrzehnten nicht so stabil wie heute. Es ist der Regierung gelungen, das Land weitgehend aus den Konflikten in der Region herauszuhalten und auch innenpolitisch für Ruhe zu sorgen.
Darauf aufbauend erwartet die Bevölkerung, dass die Regierung für wirtschaftliche Entwicklung sorgt. Sie muss die Wirtschaft beleben und Arbeitsplätze schaffen, damit sich die Menschen im Irak eine Zukunft aufbauen können.
Das Gespräch führte David Karasek.