Robert Mugabe ist tot. Der Ex-Diktator Simbabwes starb im Alter von 95 Jahren in Singapur. Mugabe regierte das Land von 1987 bis 2017 mit eiserner Hand.
Cristina Karrer hat die Entwicklung von Mugabe in seiner Amtszeit bei zahlreichen Besuchen in Simbabwe mitverfolgt. Nun blickt die SRF-Afrikakorrespondentin auf die Zeit zurück.
«Ich habe ihn nie persönlich kennengelernt, doch sein Foto hing bis zum Herbst 2017 überall – am Flughafen, in jedem Büro, an jedem Grenzübergang. So wie es in Afrika Sitte ist. Mugabes Name wurde mit einer Mischung aus Angst und Verehrung genannt, meist im Flüsterton. Man wusste nie, ob einer seiner Schergen zuhört.
Zudem galt Mugabe in den Augen vieler Simbabwer als unsterblich. Er habe starke Mutis – afrikanische Heilmittel – und werde ständig von einer Schar afrikanischer Zauberer und Heiler begleitet, die dafür sorgten, dass ihm nichts geschehe. Davon waren etliche überzeugt.
Nun, er ist 95 Jahre alt geworden. Ein stattliches Alter, wofür eher die Ärzte in Asien verantwortlich waren als die einheimischen Magier.
Die Hohezeit von Mugabe habe ich nicht miterlebt. Jene Jahre also, in denen er das damalige Rhodesien von den Briten befreite und anfänglich für seine Reformen im Gesundheits- und Erziehungswesen gelobt wurde.
Ich fuhr 2002 erstmals nach Simbabwe, als viele weisse Landbesitzer enteignet worden sind. Damit wurde Mugabe auch im Westen zu einer bekannten Grösse. Er war beinahe so berühmt wie Nelson Mandela. Mugabe gehörte zu den grossen alten Männern Afrikas. Doch im Unterschied zu Mandela stand er im Westen für das Böse, für die unberechenbaren afrikanischen Despoten und für einen Kontinent, wo man als Weisser mit allem rechnen muss.
Im Unterschied zu Mandela stand Mugabe im Westen für das Böse, für die unberechenbaren afrikanischen Despoten.
So sahen es 2002 auch die Schweizer Grossbauern, die um ihr Hab und Gut fürchten mussten. Die Intellektuellen in Simbabwe gingen mit ihnen einig, doch waren sie sich lange in der Minderheit. Sie verloren jede Wahl und Simbabwe wurde immer unzugänglicher für uns Journalisten.
Akkredditierungen gab es keine mehr. Wir filmten heimlich. Immer mehr Simbabwer flüchteten nach Südafrika und kein afrikanischer Präsident äusserte ein kritisches Wort.
Alle waren sie stumm angesichts Verletzungen der Menschenrechte und der dramatischen wirtschaftlichen Situation. Da begriffen wir, dass Mugabe in Afrika eben nicht nur der Böse war, wie bei uns im Westen, sondern auch der einst Gute – ein Chief, ein alter Mann, den man gemäss der Stammesregeln respektiert.
In Afrika war Mugabe nicht nur der Böse, sondern auch der einst Gute – ein Chief, ein alter Mann, den man respektiert.
Kein Wunder, war die Aufregung riesig als es im November 2017 zum Aufstand gegen Mugabe kam. Die Tage in Harare bis zu seinem Rücktritt werde ich nie vergessen. Noch nie fühlte ich mich so frei: keine Polizei, kein Geheimdienst und keine flüsternden Menschen. Nicht einmal die Soldaten und die Panzer machten Angst – es war pure Euphorie.
Seither kehrte ich mehrmals nach Simbabwe zurück. Wenn wir an der Villa vorbeifuhren, wo Mugabe mit einer Frau nach seinem Abgang wohnte, unterhielten wir uns höchstens über Grace Mugabes Kaufwut. Doch ansonsten war es bereits die Post-Mugabe-Realität, die beschäftigte.
Die Hyperinflation ist zurück, es gibt tagelang weder Wasser noch Elektrizität, und wer gegen die Regierung protestiert, wird genau so unterdrückt wie es zu Zeiten Mugabes der Fall war.
Solange seine Kampf- und Sinnesgenossen an der Macht sind, wird Mugabe auch über seinen Tod hinaus seinen Schatten über das Land werfen.»