Das ist passiert: Die US-Regierung hat am Donnerstag ihre neue Sicherheitsstrategie veröffentlicht, die ein düsteres Bild der Lage in Europa zeichnet und für Spannungen in den transatlantischen Beziehungen sorgt.
US-Kritik an Europa: In dem 33-seitigen Dokument beklagen die USA einen Verlust der Demokratie und Meinungsfreiheit in Europa und fordern eine Kurskorrektur. Europa stehe vor grossen Problemen, heisst es in dem Dokument. Dazu zählen nach Ansicht der US-Regierung unter anderem die «Zensur der freien Meinungsäusserung und die Unterdrückung der politischen Opposition, abstürzende Geburtenraten sowie der Verlust nationaler Identitäten und des Selbstvertrauens».
«Patriotische» Kräfte sollen gestärkt werden: Ziel der amerikanischen Politik müsse es sein, Europa «auf den richtigen Kurs» zurückzuführen. Der Charakter und die Geschichte der einzelnen europäischen Staaten müssten gewahrt und ihr Selbstbewusstsein gestärkt werden. «Anlass zu grossem Optimismus» gebe der wachsende Einfluss «patriotischer europäischer Parteien». Als eng verbandelt mit der Trump-Regierung gilt etwa der nationalistische ungarische Regierungschef Viktor Orban.
US-Fokus auf andere Regionen: Das Dokument macht klar, dass der Hauptfokus der US-Sicherheitspolitik künftig in der «westlichen Hemisphäre» liegen soll – gemeint sind die Migration aus Lateinamerika, der Kampf gegen angebliche «Terroristen» und Kartelle, die Drogen in die USA brächten, sowie auf der Durchsetzung amerikanischer Interessen in der Region.
Gegenreaktionen aus Europa: Aus Deutschland und anderen europäischen Staaten kam umgehend scharfe Kritik an der neuen Strategie.Der deutsche Aussenminister Johann Wadephul sagte zu den kritischen Äusserungen zur Meinungsfreiheit, er glaube «nicht, dass irgendjemand uns dazu Ratschläge geben muss». Auch die EU-Kommission von Ursula von der Leyen wies die Vorwürfe gegen die EU zurück. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hingegen sieht keine Krise im transatlantischen Verhältnis. «Ich würde nicht von einem Bruch der Beziehungen zwischen den USA und Europa sprechen», sagte die Regierungschefin in einem Fernsehinterview.
Kallas versucht die Wogen zu glätten: EU-Aussenbeauftragte Kaja Kallas schlug am Samstag beim Doha Forum, einer jährlich stattfindenden diplomatischen Konferenz in Katar, versöhnliche Töne an: «Die USA sind immer noch unser grösster Verbündeter», betonte Kallas. Trotz Differenzen bei verschiedenen Themen gelte das «allgemeine Prinzip» weiterhin: «Wir sind die engsten Verbündeten und sollten zusammenhalten.» Sie räumte ein, dass ein Teil der Kritik berechtigt sei, etwa dass Europa die eigene Macht gegenüber Russland unterschätzt habe.
Attacken aus Washington reissen aber nicht ab: Anlässlich einer Entscheidung der EU, eine Millionenstrafe gegen Elon Musks Online-Plattform X wegen Transparenzmängeln zu verhängen, äusserte sich der Vize-Aussenminister der USA, Christopher Landau, erneut kritisch. In einem X-Beitrag beschwerte er sich über die Doppelrolle der Staaten, die sowohl der Nato, als auch der EU angehörten. Hätten diese Staaten ihren «Nato-Hut» auf, pochten sie auf die Bedeutung der transatlantischen Zusammenarbeit, schrieb Landau. Mit ihrem «EU-Hut» verfolgten sie gleichzeitig aber politische Agenden, «die oft den Interessen und der Sicherheit der USA völlig zuwiderlaufen».