Die AfD zeigt gerne mit dem Finger auf andere. Und die Co-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Alice Weidel, die im Zentrum des aktuellen Spendenskandals steht, hat sogar einmal im Bundestag wie ein Kind gestampft, bevor die ganze Fraktion in gespielter Empörung den Saal verliess. Nun, da sie selbst im Glashaus sitzt, tut sich die Partei in der ungewohnten Rolle schwerer.
Seit zwei Jahren tauchen immer wieder ungeklärte Geldflüsse in den Kassen der AfD auf. Oder ungenannte Spender finanzierten Werbesendungen in Wahlkämpfen. Immer wieder kommt die Schweiz vor, aber die AfD hat Nachfragen bislang nonchalant vom Tisch gewischt.
Ein mysteriöser Verein
Diesmal gibt es nicht nur dubiose Verbindungen in die Schweiz, sondern auch in die Niederlande. Und als neuste Entwicklung wurde bekannt, dass ein mysteriöser Verein «zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten» nicht nur die finanzielle Nähe zur AfD sucht, sondern umgekehrt die AfD auch um finanzielle Unterstützung nachgesucht hat.
Anders als in der Schweiz ist die Parteienfinanzierung in Deutschland detailliert geregelt. Und anders als in der Schweiz ist man in unserem nördlichen Nachbarland sensibler. Es gab die Spenden der Industrie an Hitler.
Erinnerungen werden wach
Aber auch später, von 1969 bis 1980, sorgten Millionen der sogennanten Staatsbürgerlichen Vereinigung für einen Skandal. Unvergessen sind die Spenden des Flick-Konzerns in den 1980er-Jahren, die, wie es so hübsch hiess, der «Pflege der politischen Landschaft» dienten oder zuletzt 1999 der Spendenskandal um Helmut Kohl.
Wenn Alice Weidel allerdings nun an frühere Verfehlungen anderer erinnert, vergisst sie, dass beim letzten grossen Spendenskandal nicht bloss Helmut Kohl, sondern auch Wolfgang Schäuble buchstäblich weggefegt wurden. Es kam in der CDU zu einem personellen Kahlschlag. Eine neue, unbelastete Frau aus dem Osten namens Angela Merkel übernahm die Führung der Partei.
Wie lange ist Weidel noch tragbar?
Der AfD-Skandal ist noch eine Nummer kleiner. Aber die angeblichen Nachlässigkeiten der Partei haben System. Und die anderen Parteien, die sich mit der AfD im Bundestag sehr schwertun, greifen das Thema begierlich auf.
Die Spendenaffäre wird auch in parteiinternen Machtkämpfen instrumentalisiert. Noch hält Parteichef Alexander Gauland an Alice Weidel fest. Aber deutsche Medien spekulieren, dass er sie bei geeigneter Gelegenheit fallen lassen könnte.
Unerschütterliche Anhängerschaft wie bei Trump?
Der Parteispendenskandal trifft eine verunsicherte AfD, die damit rechnen muss, dass sie künftig vom Verfassungsschutz überwacht werden könnte. Gut möglich aber, dass sich die Wähler durch den Skandal nicht beeindrucken lassen, sondern in einer Art Wagenburgmentalität bestärkt werden, wie das Präsident Trumps Anhänger in den USA bislang praktizieren. Viel hängt davon ab, was – auch aus der Schweiz – noch bekannt werden wird.