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Russland übernimmt Anteile von Danone- und Carlsberg-Filialen
Aus SRF 4 News aktuell vom 18.07.2023. Bild: Andrey Rudakov/Bloomberg via Getty Images
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Staatliche Zwangsverwaltung Russland enteignet Carlsberg und Danone – das steckt dahinter

Die beiden Lebensmittelkonzerne sind noch immer in Russland vertreten. Per Putin-Dekret übernimmt der Staat ihre Geschäfte im Land.

Enteignung per Dekret: Böse Überraschung für den dänischen Bierbauer Carlsberg und den französischen Lebensmittelhersteller Danone: Russland hat per Präsidentendekret die Kontrolle über die Anteile an ihren russischen Tochtergesellschaften übernommen. In einem auf dem offiziellen Justizportal veröffentlichten Dekret des russischen Präsidenten Wladimir Putin heisst es, der russische Staat werde «vorübergehend» die Anteile von Danone Russia und der Carlsberg-Filiale Baltika verwalten.

Baltika-Bierdose
Legende: Die Carlsberg-Tochter Baltika ist ein führendes Brauereiunternehmen in Russland mit einem Marktanteil von rund 30 Prozent. Carlsberg hatte im Juni verkündet, einen Käufer für seine Tätigkeiten in Russland gefunden zu haben, ohne einen Namen zu nennen. Igor Golovniov/SOPA Images/LightRocket via Getty Images)

Drohgebärde gegenüber dem Westen: Eine ganze Reihe westlicher Firmen hat sich seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine aus Russland zurückgezogen. Warum geht der Kreml nun ausgerechnet gegen Danone und Carlsberg vor? Womöglich geht es Russland gar nicht um die beiden Unternehmen, sagt Alexander Libman, Professor für Politikwissenschaft mit Schwerpunkt Russland an der Freien Universität Berlin. «Es könnte sein, dass die russische Regierung ein Signal an den Westen schicken will.»

Die westlichen Investoren haben keine Chance, den russischen Markt zu verlassen oder die Aktien zu verkaufen, die diese Behörde jetzt verwaltet.
Autor: Alexander Libman Politologe an der Freien Universität Berlin

Konkret könnte es Russland um eine Art Faustpfand gehen. «In den USA, der EU und der Schweiz sind Vermögenswerte von russischen Konzernen, Oligarchen und des Staates eingefroren», erklärt Libman. «Es laufen auch Diskussionen darüber, diese Vermögenswerte zu verstaatlichen.» Die Regierung in Moskau baut nun eine Drohkulisse auf: Russland stellt westliche Unternehmen unter Zwangsverwaltung – und ist bereit, diese auch zu verstaatlichen.  

Das sind die Konsequenzen für die Unternehmen: Die Tochterunternehmen von Carlsberg und Danone sind jetzt unter russischer Kontrolle. Libman geht davon aus, dass das Management der Firmen ausgetauscht wird. Die Eigentumsrechte werden von einer staatlichen Behörde ausgeübt. «Rein praktisch bedeutet es, dass die westlichen Investoren keine Chance haben, den russischen Markt zu verlassen oder die Aktien zu verkaufen, die diese Behörde jetzt verwaltet.»

Danone-Niederlassung bei Moskau
Legende: Danone erklärte, der Konzern bereite sich darauf vor, «alle notwendigen Massnahmen zu ergreifen, um seine Rechte im Interesse aller Akteure zu schützen, insbesondere seiner Angestellten». Carlsberg teilte mit, dass die Aussichten für den Verkaufsprozess seiner Tochtergesellschaft Baltika nun äusserst ungewiss seien. Keystone/EPA/Maxim Shipenkov

Querelen auf dem Energiemarkt: Nicht zum ersten Mal sorgt eine staatliche Zwangsverwaltung durch Russland für Schlagzeilen. Im Herbst 2022 stand der deutsche Gasimporteur Uniper vor dem Kollaps. Grund dafür waren die ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland. Die deutsche Regierung verstaatlichte den Energiekonzern schliesslich, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die Anteile des finnischen Mutterkonzerns Fortum erwarb Deutschland im Zuge dieses Geschäfts.

Die russische Regierung reagierte wenige Monate später: Sie stellte die Ableger von Uniper und Fortum in Russland unter Zwangsverwaltung. Moskau begründete den Schritt ebenfalls damit, dass die Konzerne für die heimische Versorgungssicherheit wichtig seien.

Darum bedeutet der Schritt eine Eskalation: Jetzt trifft es Nahrungsmittelkonzerne, die von den Entwicklungen auf dem Energiemarkt nicht betroffen waren. Russland-Kenner Libman spricht von einem ebenso unerwarteten wie dramatischen Schritt: «Der russische Staat signalisiert damit, dass auch ganz normale westliche Unternehmen zu Zielen dieser Massnahmen werden können.» Dem Kreml dürfte es also darum gehen, ein Exempel zu statuieren. Und für ausländische Investoren und Unternehmen wird es riskanter, ihr Russlandgeschäft aufzugeben – denn es droht der Kontrollverlust.

SRF 4 News, 18.07.2023, 7:52 Uhr;

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