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Tägliche Polizeigewalt in russischen Gefängnissen
Aus Rendez-vous vom 25.07.2018. Bild: Reuters
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 57 Sekunden.
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Straflager in Russland Gefängniswärter bei Folter eines Häftlings gefilmt

  • Ein Video schockiert Russland: Es wurde letztes Jahr mit der Bodycam eines Gefängniswärters in einem Straflager aufgenommen.
  • In dem zehn Minuten langen Clip sieht man, wie mehrere Wärter einen Häftling verprügeln und mit Wasser übergiessen.
  • Die Behörden haben inzwischen mehrere Wärter festgenommen. Doch in Russlands Gefängnissen bleibt Gewalt an der Tagesordnung.

Das Video ist schwer erträglich. Ein Mann liegt auf einem Tisch, halbnackt. Kräftige Uniformierte halten ihn fest, andere schlagen mit Gummiknüppeln auf seine Fusssohlen. «Schau, sein Bein schwillt an», sagt einer. «Mein Arm ist auch schon ganz taub», scherzt sein Kollege. «Kann mal ein anderer ran?»

Der Gefolterte stöhnt vor Schmerz. Die zynische Kaltblütigkeit und die Brutalität des Videos haben in Russland Entsetzen ausgelöst. Aufgenommen wurde es in einem Gefängnis bei Jaroslawl. Das Opfer, der Gefangene Ewgeni Makarow, soll sich häufig über die Haftbedingungen beschwert haben. Die Wärter rächten sich auf diese Weise an ihm.

Ein Wärter auf drei Häftlinge

Der Fall wirft ein Schlaglicht auf eine Welt, die normalerweise im Verborgenen bleibt: Russlands Straflager. 600'000 Menschen sitzen derzeit in Haft; bewacht von über 200'000 Wärtern.

Die «Zonen», wie die Gefängnisse genannt werden, sind oft in abgelegenen Winkeln des Landes, im hohen Norden etwa, in den Wäldern Sibiriens. Dort, weitab von den Augen der Öffentlichkeit, herrscht ein Klima der Gewalt. Gefangene werden für kleinste Vergehen brutal bestraft.

Quälen, bis jemand gesteht

Das Spektrum ist fast grenzenlos: Schläge, Elektroschocks, Vergewaltigungen. Oft beginnen die Übergriffe schon in der Untersuchungshaft. Verdächtige werden so lange gequält, bis sie gestehen, was der Ermittler hören will.

Menschenrechtler und Anwälte prangern diese Zustände schon lange an. Doch die Gesellschaft reagiert oft nur mit einem Schulterzucken. Das sei doch schon immer so gewesen, das Gefängnis sei halt kein Sanatorium, hört man oft.

Geister aus der Gulag-Zeit

Tatsächlich hat die Gewalt hinter Gittern in Russland eine lange, unselige Tradition. Der russische Strafvollzug hat seine Wurzeln im furchtbaren Gulag-System der Kommunisten. Nicht nur die Gefängnisse selber stammen zu grossen Teilen noch aus der Sowjetzeit. Auch die Strafvollzugsbehörde hat viel vom alten Geist bewahrt: bestrafen, nicht resozialisieren ist das Ziel.

Dennoch: Der Staat bekämpft die Missbräuche – mindestens tut er so. Immer wieder werden Strafverfahren gegen übergriffige Gefängniswärter eröffnet. Auch im aktuellen Fall sind sechs der Täter auf dem Video festgenommen worden. Die Erfahrung zeigt aber, dass die Ermittlungen oft im Sand verlaufen.

Oder noch schlimmer: Sie zeigt, dass am Ende der Gefangene selber bestraft wird, weil er sich beklagt hat. Tragisch, aber auch bezeichnend ist, was mit der Anwältin passiert ist, die das jüngste Foltervideo öffentlich gemacht hat. Sie musste Hals über Kopf aus Russland fliehen, weil sie bedroht wurde.

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