Zum Inhalt springen

Tod von Kremlkritiker EU fordert unabhängige Untersuchung von Alexej Nawalnys Tod

  • Die Europäische Union (EU) hat den russischen Vertreter bei der EU vorgeladen und eine unabhängige internationale Untersuchung des Todes des Kreml-Gegners Alexej Nawalny gefordert.
  • Der Leichnam Nawalnys solle zudem unverzüglich seiner Familie übergeben werden.
  • Auch die Mutter forderte in einem emotionalen Videoappell die Herausgabe von Nawalnys Leiche.

«Die EU-Seite übermittelte die Empörung der EU über den Tod des russischen Oppositionspolitikers Alexej Nawalny, für den letztlich Präsident Putin und die russischen Behörden die Verantwortung tragen», teilt der diplomatische Dienst der EU mit . Der Kreml hat eine Verwicklung in den Tod Nawalnys bestritten.

Ich wende mich an Sie, Wladimir Putin. Die Entscheidung der Frage hängt nur von Ihnen ab. Lassen Sie mich doch endlich meinen Sohn sehen.
Autor: Ljudmila Nawalnaja Mutter von Alexej Nawalny

Vor dem Stacheldraht des sibirischen Straflagers hat auch die Mutter Nawalnys in einem emotionalen Videoappell Putin zur Herausgabe der Leiche ihres Sohnes aufgefordert. «Ich wende mich an Sie, Wladimir Putin. Die Entscheidung der Frage hängt nur von Ihnen ab. Lassen Sie mich doch endlich meinen Sohn sehen», sagte Ljudmila Nawalnaja.

Schon den fünften Tag warte sie darauf, Nawalny sehen zu dürfen, sagte sie in der am Dienstag veröffentlichen Videobotschaft. In dem Lager nördlich des Polarkreises war der Politiker am vergangenen Freitag unter noch ungeklärten Umständen ums Leben gekommen. «Ich fordere, unverzüglich den Körper Alexejs herauszugeben, damit ich ihn auf menschliche Weise beerdigen kann», sagte sie.

Sie erhalte bisher weder den Leichnam noch werde ihr gesagt, wo der Körper aufbewahrt werde. Nach der kurzen Ansprache der von Trauer sichtlich gezeichneten Nawalnaja war in dem Video hinter dem Stacheldraht die orthodoxe Kirche auf dem Gelände des Straflagers zu sehen. Nach russisch-orthodoxem Brauch werden Verstorbene eigentlich spätestens am dritten Tag nach ihrem Ableben beerdigt.

Das muss man wohl als offene Belohnung Putins für die Folter verstehen.
Autor: Iwan Schdanow Direktor FBK

Die Behörden verweigern den Angehörigen trotz auch internationaler Proteste bis heute den Zugang zu Nawalnys Leiche. In Russland haben bereits mehr als 70'000 Menschen einen Aufruf zur Herausgabe des Leichnams an die Angehörigen unterzeichnet. Zu dem Aufruf und der Bitte von Nawalnajas Mutter hat sich der Kreml bislang nicht geäussert.

Offene Belohnung für Folter?

Die zeitgleiche Beförderung ranghoher Beamter des Strafvollzugs durch Putin löste derweil heftige Kritik aus. Der zum Generaloberst des Innenministeriums beförderte Vizechef der Gefängnisbehörde FSIN, Waleri Bojarinew, sei persönlich für die Folterungen Nawalnys im Gefängnis verantwortlich gewesen, schrieb der Direktor des von Nawalny gegründeten Fonds zur Bekämpfung der Korruption (FBK), Iwan Schdanow, auf seinem Telegram-Kanal. «Das muss man wohl als offene Belohnung Putins für die Folter verstehen.»

Blumen, Kerzen und Bilder auf einem Trottoir.
Legende: In Deutschland legen Menschen Blumen an den Boden und stellen Kerzen für den verstorbenen Nawalny auf. Keystone/Helmut Fricke

Im Juli 2023 war im Zuge einer Gerichtsverhandlung gegen Nawalny eine Anordnung Bojarinews bekanntgeworden, den Oppositionspolitiker beim Kauf von Lebensmitteln und täglichen Bedarfsgütern einzuschränken. Normalerweise können Häftlinge mit ihrem Geld ihre eigene spärliche Ration im Gefängnisladen etwas aufbessern. Laut Schdanow war der neu ernannte Generaloberst auch für weitere Schikanen gegen Nawalny verantwortlich.

Die Beförderung des 53-Jährigen wurde am Montag durch die Veröffentlichung des Präsidentendekrets in der Gesetzesdatenbank bekannt. Kremlsprecher Dmitri Peskow dementierte einen Zusammenhang zwischen dem Tod Nawalnys und den Beförderungen. Diese seien ein ganz gewöhnlicher Vorgang, sagte er.

SRF 4 News, 19.02.2024, 20:00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel