- In den Südstaaten der USA steigen die Coronazahlen bedrohlich an. Täglich melden Texas, Arizona oder Florida neue Rekordwerte an Infektionen.
- Auch die Anzahl Menschen, die wegen Covid-19 Intensivpflege benötigen, steigt stetig an. Viele Spitäler warnen bereits vor einem Notstand.
- Die Regierungen der republikanisch geführten Bundesstaaten schrecken aber davor zurück, neue Restriktionen einzuführen – allen voran Florida.
Es gibt keinen Grund, Angst zu haben: So lautet die beschwichtigende Botschaft von Floridas Gouverneur Ron DeSantis. «Wir packen das und halten uns an die Fakten», sagte er Anfang dieser Woche.
Doch diese Fakten sind düsterer, als DeSantis wahrhaben will: In den vergangenen Tagen musste Florida täglich rund 10'000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus vermelden.
Die Behauptung, dass dies nur daher rühre, dass mehr Menschen getestet würden, lässt Marissa Levine, Professorin für öffentliche Gesundheit an der University of Southern Florida und frühere Gesundheitsministerin des Bundesstaats Virgina, nicht gelten. Denn der Anteil der positiven Testresultate und die Spitaleinlieferungen wüchsen rascher an als die Zahl durchgeführter Tests, sagt sie. Es sei bereits nicht mehr möglich, die Ansteckungswege zurückzuverfolgen und potenziell Infizierte zu isolieren.
Mit Neuansteckungen leben?
Spitalbetten und Schutzmaterial gebe es zwar noch genügend, aber die Stadt Miami schickte am Dienstag einen Hilferuf an den Gouverneur. Es würden dringend gegen 200 zusätzliche Pflegerinnen und Pfleger benötigt.
Bereits jetzt melden fast 50 Spitäler in Florida, dass ihre Intensivstationen voll belegt sind. Dennoch weigert sich Floridas Gouverneur, die vorschnelle Öffnung der Wirtschaft wieder rückgängig zu machen. Man müsse in den nächsten Monaten halt mit einer grossen Zahl an Neuansteckungen leben.
Die Maske wird zum Politikum
Levine schüttelt darob den Kopf: «Europa macht es vor, wie ein Leben mit Corona möglich ist.» Dort leisteten die Politik und die Bevölkerung ihren Anteil. In den USA sei Corona hingegen kein allgemeines Gesundheitsproblem, sondern ein politischer Zankapfel, kritisiert sie.
Sogar das Maskentragen werde politisiert. Der politischen Führung auf allen Ebenen fehle es an Verantwortungsbewusstsein, einer klaren Strategie und vor allem an einer gemeinsamen Botschaft, die eine und nicht spalte, konstatiert die Professorin: Sie sei – gelinde gesagt – sehr erstaunt, wie die USA derzeit auf die Coronakrise reagierten.