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USA und Nahost Der «Zwölftagekrieg» des US-Präsidenten

Der Iran schickte seinen Raketen auf die US-Militärbasis Al-Udeid offenbar eine Nachricht hinterher. Und zwar die, dass man keine weiteren Angriffe durchführen werde. So jedenfalls zitiert das Nachrichtenportal «Axios» eine Quelle mit direkter Kenntnis des Vorgangs. Das Weisse Haus habe Iran auf dem gleichen Weg via Katar geantwortet, dass die USA nicht auf die iranischen Vergeltungsschläge antworten würden. Und dass Washington bereit sei, Verhandlungen mit dem Iran wieder aufzunehmen. Dies hatte man schon den ganzen Montag über aus dem Weissen Haus gehört: dass Donald Trump weiterhin hoffe, Iran wieder an den Verhandlungstisch zu bringen.

Irans vorab angekündigte Raketen auf Al-Udeid in Katar scheinen sich somit im Nachhinein als iranisches Friedensangebot herauszustellen. Was als Eskalation daherkam, war in Wirklichkeit eine Deeskalation – es war Irans Exitstrategie aus der Eskalationsspirale. 

Israel hat Lufthoheit

Falls sich die beiden Kriegsparteien tatsächlich an die von Donald Trump angekündigte Abmachung halten, bedeutet das absehbare Ende dieses Krieges für den US-Präsidenten einen grossen Erfolg. Das iranische Nuklearprogramm dürfte auf lange Sicht keine unmittelbare Gefahr mehr darstellen. Zwar wissen die USA nicht genau, wie weitgehend sie das Programm mit ihren Bombenangriffen zerstört haben. Und sie werden auch nicht sicher sein können, dass Iran es beendet, ohne dass die Führung in Iran in einen diplomatisch ausgehandelten, überprüfbaren Mechanismus einwilligt, in dem Iran das Nuklearprogramm aufgibt. Es kann durchaus sein, dass das iranische Regime nun mit umso grösserem Eifer eine Bombe zu bauen sucht.

Aber Israel hat in diesem Krieg die iranische Luftabwehr so weit ausgeschaltet, dass es auf lange Sicht vollständige Bewegungsfreiheit über dem iranischen Luftraum haben wird. Damit können Israel und die USA jegliche Bemühungen Irans, neue Anreicherungsanlagen aufzubauen, frühzeitig erkennen und zerstören.

Iranisches Regime vor schwerer Entscheidung

Das iranische Regime dürfte zudem erkannt haben, dass es sein Überleben riskiert, sollte es weiterhin Raketen auf amerikanische Militärbasen oder auf Israel schiessen. Donald Trump hatte dies den iranischen Machthabern klargemacht, als er am Sonntagabend auf Truth Social in Grossbuchstaben über einen Regimewechsel nachzudenken begann. Und die Israelis legten nach, als sie am Montag das Tor zum berüchtigten Foltergefängnis Evin und andere Installationen von auf die innere Sicherheit spezialisierten Einheiten der Revolutionswächter sowie der paramilitärischen Schlägertruppen der Basij bombardierten. Das waren gezielte Angriffe auf die iranische Unterdrückungsmaschinerie.

Mit dem angekündigten Waffenstillstand und seinem «Zwölftagekrieg» kann Donald Trump seiner isolationistischen Basis sowie der ganzen Welt gegenüber geltend machen, dass seine Angriffe tatsächlich nicht zu einem neuen Irak oder Afghanistan geführt haben. Und dass ohne das iranische Drohpotenzial die Chancen auf einen friedlicheren Nahen Osten so gut stehen wie schon lange nicht mehr.

 Sofern Trumps Waffenstillstandsankündigung tatsächlich hält.

Pascal Weber

USA-Korrespondent

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Pascal Weber arbeitet seit 1999 für SRF. Als Redaktor und Produzent war er zunächst in der Sportredaktion tätig, danach bei «10vor10». Von 2010 bis 2021 war er als Korrespondent im Nahen Osten. Er lebte zuerst in Tel Aviv, dann lange Jahre in Kairo und Beirut. Nun arbeitet er für SRF in Washington.

SRF 4 News, 24.06.2025, 05:00 Uhr

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