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Umstrittene Aussagen Seehofer schickt Maassen in Ruhestand

Lange hatte sich Seehofer gegen eine Ablösung des deutschen Inlandgeheimdienst-Chefs gesträubt. Nun gibt er nach.

  • Der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) versetzt den umstrittenen Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maassen mit sofortiger Wirkung in den einstweiligen Ruhestand.
  • Hintergrund der Entscheidung Seehofers ist eine Rede Maassens vor europäischen Geheimdienstchefs am 18. Oktober in Warschau.
  • Er hatte dort von linksradikalen Kräften in der SPD gesprochen und seine umstrittenen Aussagen zu Chemnitz verteidigt.

Zwei Männer stehen nebeneinander und schauen sich nicht an.
Legende: Entzweit: Innenminister Seehofer (rechts) kann mit Hans-Georg Maassen nicht mehr vertrauensvoll zusammenarbeiten. Keystone

Er habe Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier um diesen Schritt gebeten, sagte Seehofer in Berlin. Hintergrund sind umstrittene Aussagen Maassens unter anderem über die grosse Koalition. Eine bekannt gewordene Rede Maassens enthalte «inakzeptable Formulierungen», sagte Seehofer. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei mit Maassen nicht mehr möglich.

Er halte es unter anderem für «nicht akzeptabel», von linksradikalen Kräften in der SPD zu sprechen. Der Innenminister bezeichnete sich als «menschlich enttäuscht».

«Das hat der SPD unglaublich geschadet»

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Einschätzung von SRF-Korrespondent Peter Voegeli: «Am meisten hat die Geschichte eindeutig der SPD geschadet. Ich denke, das war sogar in Prozentpunkten spürbar. SPD-Chefin Andrea Nahles hat auf dem Höhepunkt der Krise gesagt: ‹Maassen muss weg, und ich sage euch, er wird gehen!›

Das hat unglaublich Eindruck gemacht: Nahles, die sich eigentlich auf Sachpolitik konzentriert, setzt sich gegen den Macho Seehofer durch. Dann stellte sich heraus, dass sie einer Beförderung von Maassen zugestimmt hat. Den verheerenden Eindruck, den das hinterlassen hat, kann man gar nicht unterschätzen. Das hat der Partei unglaublich geschadet.»

In einer Rede vor dem «Berner Club», einem internationalen Kreis von Geheimdienstchefs, hatte Maassen dem Redemanuskript zufolge sein umstrittenes Interview verteidigt, in dem er seine Einschätzung wiedergab, es habe in Chemnitz keine rechtsextremen Hetzjagden gegeben.

Weiter sagte Maassen demnach: «Aus meiner Sicht war dies für linksradikale Kräfte in der SPD, die von vorneherein dagegen waren, eine Koalition mit der CDU/CSU einzugehen, der willkommene Anlass, um einen Bruch dieser Koalition zu provozieren.»

Koalitionskrise

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Innenminister Horst Seehofer hatte sich lange gegen eine Ablösung Maassens an der Spitze des Inlandsgeheimdienstes gesträubt. Der Streit hatte im September eine Koalitionskrise ausgelöst, die fast zum Bruch der Regierung führte.

Im Zentrum stand die Äusserung Maassens, ihm lägen «keine belastbaren Informationen» vor, dass in Chemnitz Hetzjagden auf Ausländer stattgefunden hätten.

In Chemnitz war am 26. August ein 35-jähriger Deutscher mutmasslich von Asylbewerbern erstochen worden, danach kam es zu ausländerfeindlichen Übergriffen.

Maassen wurde nach Angaben von Seehofer von seinen Pflichten freigestellt. Dieser Schritt sei durch die Rede «unvermeidlich» geworden, sagte Seehofer, der sich im Koalitionsstreit um Maassen bislang hinter den Spitzenbeamten gestellt hatte.

Die Leitung des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) übernimmt zunächst der Vizepräsident der Behörde, Thomas Haldenwang.

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