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Umstrittene Gaspipeline «Geheim-Deal» zu Nord Stream liefert Munition für Umweltschützer

Ein Brief von Finanzminister Scholz an die USA zeigt: Deutschland wollte die unfertige Nord-Stream-2-Pipeline loskaufen.

Die Deutsche Umwelthilfe spricht von einem «Geheim-Deal» für die umstrittene Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, die dereinst russisches Gas nach Deutschland leiten soll.

Es geht dabei um einen Brief des deutschen Finanzministers Olaf Scholz vom letzten August an seinen ehemaligen Amtskollegen in den USA. Das sinngemässe Angebot von Scholz: Ihr Amerikaner gebt den Widerstand gegen das Nord-Stream-2-Projekt auf – und wir bauen im Gegenzug für eine Milliarde Euro Terminals für Flüssiggas aus den USA.

Unschöne Wahrheit

Die Bezeichnung «Geheim-Deal» sei wohl etwas zu hoch begriffen, sagt SRF-Deutschland-Korrespondent Peter Voegeli. Denn der Vorschlag kursiere seit Monaten in der deutschen Presse, sei lediglich ein Angebot und ein Ja aus Washington liege auch nicht vor. Der von der Umwelthilfe jetzt beklagte Brief zeige aber deutlich das unschöne deutsche Vorgehen nach dem Motto: Wir kaufen uns einfach diese Pipeline.

Der Brief lenkt nun laut Voegeli die Aufmerksamkeit voll auf die Umweltzerstörungsschiene der Gegner: Denn Nord Stream 2 trägt wesentlich mehr zur Klimaerwärmung bei als CO2. Zudem wird das amerikanische Flüssiggas, für das Terminals gebaut werden sollen, durch Fracking gewonnen.

Die neue Kritik ändere aber nichts mehr grundsätzlich, denn die deutschen Grünen seien ohnehin dagegen und auch die Positionen im Ausland seien bezogen, so Voegeli. Merkel kritisiere zwar Russland für die Vergiftung von Alexej Nawalny, halte aber am Projekt fest. Das sei eine doppeldeutige und auch etwas doppelgesichtige Politik.

Merkel hat das letzte Wort

Experten machen seit längerem geltend, Deutschland habe genug Erdgas und brauche die Pipeline gar nicht. Trotzdem hält die deutsche Regierung an Nord Stream 2 fest. Laut Voegeli bleibt es letztlich ein hochpolitisches Projekt, auch wenn Kanzlerin Angela Merkel dauernd betont, es sei ein rein wirtschaftliches Vorhaben: «Nord Stream 2 steht und fällt mit der Kanzlerin, die bekanntlich nicht gerne Fehler eingesteht, vielleicht ist das ein Grund», so Voegeli.

Voegeli geht nicht davon aus, dass der Brief von Scholz an die Amerikaner das Nord-Stream-2-Projekt zu Fall bringen kann. Der Brief liefere der Gegnerschaft zwar mehr, aber nicht wirklich neue Munition. Am Ende werde Merkel entscheiden und sonst niemand, auch nicht die Sozialdemokraten.

SRF 4 News, 10.02.2021, 07:45 Uhr ; 

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