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UNO-Generalversammlung Vereinte Nationen im Ukraine-Dilemma

Die UNO tut sich schwer mit dem Ukraine-Krieg. Zwar liegt ein Friedensplan vor, doch diesen Namen verdient er nicht. Gehässige Debatten sind in den nächsten drei Tagen programmiert.

Schwer tut sich in der UNO zunächst Generalsekretär Antonio Guterres. Zwar brachte er Russland dazu, die Blockade gegen ukrainische Getreideexporte zu beenden und humanitäre UNO-Organisationen helfen der ukrainischen Bevölkerung. Doch momentan sieht er keinerlei Raum, selber eine Friedensinitiative zu starten. Jeder Vorstoss ist chancenlos, solange der Kreml null Interesse hat an einer Lösung, die auch nur ansatzweise vereinbar mit dem Völkerrecht ist.

Sicherheitsrat gelähmt – als Plattform wichtig

Schwer tut sich erst recht der UNO-Sicherheitsrat, das mächtigste und eigentlich zuständige Organ in einer solchen Krise. Doch wegen des russischen Vetos war er vom ersten Tag an gelähmt. Er kann lediglich – was durchaus bedeutsam ist – eine Plattform bieten, wo Russland kritisiert werden kann und sich erklären muss.

Entscheiden jedoch kann der Sicherheitsrat nichts. Das wird auch am Freitag so sein, wenn im Gremium ausnahmsweise nicht bloss die Botschafterinnen und Botschafter, sondern die Aussenminister der 15 Mitgliedsländer auftreten. Unter ihnen der Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis.

Ein Friedensplan – oder was davon übrigblieb

Der Ball liegt deshalb bei der Generalversammlung. Sie kann immerhin Entscheidungen fällen. Bloss fehlen ihr die Befugnisse und Instrumente, um sie durchzusetzen.

Das gilt auch für den Friedensplan, der am Donnerstag verabschiedet werden soll. Nach wochenlangem Ringen enthält er nicht mehr allzu viel Substanz: Verlangt wird eine Lösung, welche die territoriale Integrität der Ukraine wiederherstellt und die Souveränität des Landes respektiert.

Die Rede ist auch vom Schutz der Zivilbevölkerung, von einem russischen Truppenrückzug und einem Frieden «so bald wie möglich». Und von der Bestrafung der Täter. Doch die Ukraine hatte sich mehr erhofft.

Keine grosse Hoffnung auf die Wankelmütigen

Die Autoren des Resolutionsentwurfs, hauptsächlich westliche Länder, stecken im Dilemma. Je substanzieller der Friedensplan ist, den sie vorlegen, umso weniger Länder unterstützen ihn.

Saal der UNO-Generalversammlung in New York.
Legende: Auch Bundesrat Ignazio Cassis reist anlässlich des Jahrestages des russischen Angriffs auf die Ukraine nach New York. Am Donnerstag will er an einem Sondertreffen der UNO-Generalversammlung teilnehmen, am Freitag an einer Sitzung im Sicherheitsrat. imago images/F.Berger

Dutzende, vor allem in Afrika, Asien und Lateinamerika, wollen am liebsten nicht Position beziehen und den Druck auf Moskau nicht erhöhen. Teils aus sowjet-nostalgischen Neigungen, teils aus anti-westlichen Ressentiments oder aus wirtschaftlichen Interessen. Die USA und andere bemühen sich nach Kräften, die Wankelmütigen wie Brasilien, Indien oder Südafrika ins Lager der Unterstützer der Ukraine zu holen. Gelingen dürfte es in den wenigsten Fällen.

Schwache Friedensresolution als Gradmesser

Um trotzdem eine respektable Mehrheit für die Friedensresolution zu gewinnen, wurde deren Inhalt weichgespült. Die Latte liegt bei gut 140 von 193 UNO-Mitgliedern. So viele haben vor einem Jahr die russische Invasion verurteilt, ebenso die Annexion ukrainischer Territorien.

Stimmen der Resolution deutlich weniger Länder zu als damals, würde Wladimir Putin das als schwindenden Rückhalt für die Ukraine interpretieren – was nicht ganz falsch wäre. Deshalb ist bloss mit einem vagen Beschluss zu rechnen. In der Hoffnung, dass möglichst viele wenigstens diesen unterstützen. Selbst jene, die Sanktionen gegen Russland verweigern.

Echo der Zeit, 22.02.2023, 18:00 Uhr

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