Es ist eine seltsame Afghanistan-Konferenz, die zurzeit am Genfer UNO-Sitz tagt. Die einen, vor allem die Hilfswerke, weisen auf Not und Gewalt hin und fordern mehr Hilfe. Andere, angeführt von der afghanischen Regierung, betonen Fortschritte und Stabilisierung und empfehlen Investitionen im Land.
Die ausländischen Akteure wiederum verlangen Frieden in Afghanistan, meinen aber ganz Unterschiedliches damit. Und die radikalislamischen Taliban, zentrale Akteure im Land selber, sind in Genf gar nicht dabei.
Stellvertreterkrieg der Mächtigen
Das Problem für Afghanistans Zukunft sind nicht länger nur die gewaltigen inneren Spannungen. Der Afghanistan-Konflikt entwickelt sich zum Stellvertreterkrieg mächtiger Staaten. Am einflussreichsten waren bisher die USA, die immer noch mehr als zehntausend Soldaten im Land haben, deren Präsident sie aber nach 17 Jahren Erfolgslosigkeit abziehen will. Einen Abzug ihrer Truppen begrüssen auch die Nato-Partnerländer. Das führt dazu, dass der starke westliche Einfluss in Afghanistan rapide schwindet.
Dafür ist auf einmal Russland wieder präsent, dreissig Jahre nach seinem traumatischen Scheitern. Moskau will sich, auch in Afghanistan, als Grossmacht beweisen, den Westen herausfordern und zugleich verhindern, dass sich der sogenannte «Islamische Staat» von Afghanistan aus Richtung Zentralasien ausbreitet.
Einfluss der Afghanen schwindet
Dann sind da auch noch die Chinesen, denen es um afghanische Rohstoffvorräte geht und ebenfalls darum, den Westen möglichst dauerhaft aus dem Land zu vertreiben. Dazu kommen Pakistan, Indien und Iran – also weitere grosse Mächte, die einander misstrauisch gegenüberstehen, aber allesamt um Einfluss in Afghanistan und um die Gunst der Taliban buhlen. Gegen sie ist ein Friede kaum zu haben.
Je stärker aber das Land am Hindukusch zum Tummelfeld von Grossmächten wird, umso weniger haben die Afghanen selber die Suche nach dem Frieden in der Hand. Grossmachteinfluss und vor allem Grossmachtrivalität jedoch haben kaum je in einem Land zu einer Lageberuhigung beigetragen.