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Unruhen in Hongkong «Genügend Beweise, dass die USA hinter den Protesten stecken»

Der chinesische Botschafter in der Schweiz, Geng Wenbing, sieht in den Unruhen eine ausländische Verschwörung.

Seit Wochen wird in Hongkong demonstriert. Mit jedem Wochenende, an dem sich auf dem Strassen der chinesischen Sonderverwaltungszone zum Teil Hunderttausende versammeln, steigt die Anspannung. Die Demonstrationen am letzten Samstag etwa waren stark geprägt von Gewalt.

Eine entscheidende Frage bleibt, wie sich die Regierung in Peking in dieser Sache verhalten wird. Geng Wenbing ist chinesischer Botschafter in der Schweiz. Angesprochen auf die verfahrene Situation in Hongkong sagt er: «Am allerwichtigsten ist es jetzt, wieder Ordnung und Stabilität herzustellen.» Dies sei die Aufgabe der Polizei von Hongkong, denn: «Hongkong wird von Hongkong regiert.»

Wenn die Unruhen in Hongkong weitergehen und die Krawalle ausser Kontrolle geraten, wird die Zentralregierung nicht einfach zuschauen.
Autor: Geng Wenbing Chinesischer Botschafter in der Schweiz

Wenbing betont mehrfach, dass China den Status von Hongkong nicht in Frage stelle. Gleichzeitig macht er aber auch klar, dass Hongkong nur teil-autonom sei und grundsätzlich zu China gehöre: «Wenn die Unruhen in Hongkong weitergehen und die Krawalle ausser Kontrolle geraten, wird die Zentralregierung nicht einfach zuschauen.» Noch sei die Regierung von Hongkong aber in der Lage, das Problem zu lösen.

«Das Problem liegt bei der Gewalt»

Peking unterstütze die Regierung in Hongkong, damit die Stabilität wieder hergestellt werden könne. In der Stadt Shenzen – nur wenige Kilometer von Hongkong entfernt – hat China in den vergangenen Wochen mehrere tausend Sicherheitskräfte zusammengezogen. Auf Bildern ist zu sehen, wie diese mit Statisten üben – Statisten, die sich als Demonstrierende ausgeben. «Im Notfall würde das ganze chinesische Volk Hongkong unterstützen.»

Immer wieder kommt Wenbing auf die Gewalt zu sprechen. «Friedliche Demonstrationen sind in Hongkong aufgrund des Gesetzes erlaubt. Das Problem liegt bei der Gewalt.»

Protestierender mit USA-Fahne.
Legende: Laut Geng Wenbing werden die Proteste von den Amerikanern gesteuert. Keystone

Aus chinesischer Sicht sei es nur eine Minderheit der gut sieben Millionen Einwohnern, die protestiere. Was ist aber mit den Demonstrationen vor zwei Wochen, als schätzungsweise 1.5 Millionen auf die Strasse gingen? «Die Zahl von 1.5 bis 1.7 Millionen wurde von den Organisatoren publiziert. Das ist nicht die Zahl, die ich sehe.» Selbst bei einer Million Teilnehmer sei das nur ein Siebtel. Und: «Nur ein kleiner Teil davon ist gewalttätig.»

Geng Wenbing

Chinesischer Botschafter in der Schweiz

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Der 62-Jährige übt das Amt seit 2016 aus. Davor war er stellv. Generaldirektor und Generaldirektor des Amtes für Disziplinaraufsicht im Aussenministerium der Volksrepublik China.

In Wenbings Ausführungen wird deutlich, dass China die weiteren Forderungen der Demonstrierenden nicht akzeptieren wird: Weder eine unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt, noch eine Amnestie für die Protestierenden. Auch ein Rücktritt der Regierungschefin von Hongkong sei keine Lösung.

Protestierende mit schwarzen Fahnen.
Legende: Die Proteste in Hongkong gehen weiter. Am Montag versammelten sich Studenten an der chinesischen Universität, um gegen China zu demonstrieren. Keystone

In der chinesischen Lesart dieser Proteste kommt noch etwas zum Ausdruck: Ausländische Kräfte, angeführt von den USA, sowie lokale Separatisten würden mitmischen: «Wir haben genügend Beweise, dass die USA hinter den Protesten stecken. Mitarbeiter von US-Organisationen in Hongkong haben überall Kontakte mit der lokalen Bevölkerung. So heizten sie die Stimmung an.»

Ungewisse Zukunft von Sonderstatus

Diese Interpretation wird allerdings stark angezweifelt, beispielsweise von der früheren Verwaltungschefin von Hongkong, Anson Chan. Die Proteste seien vielmehr Zeichen eines weit verbreiteten Unmutes in der Bevölkerung, sagte sie kürzlich gegenüber Radio SRF.

2047 läuft der bestehende Status von Hongkong aus. Wie beurteilt China Hongkongs langfristige Entwicklung? «Man muss den Willen der sieben Millionen Einwohner berücksichtigen. Aber es dauert noch fast 30 Jahre bis dahin.» Angesichts der raschen Entwicklung sei es schwierig, eine Prognose zu stellen.

Grafik zeigt Karte, Fakten und Zahlen zu Hongkong

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