Niemand zieht die Massen an wie der 78-jährige Berufspolitiker Bernie Sanders aus dem kleinen ländlichen Bundesstaat Vermont. Seine jungen Anhänger verehren ihn. Sie lieben den Kampfgeist des 78-jährigen «demokratischen Sozialisten», wie er sich nennt.
Er verspricht eine umfassende Veränderung im Land, eine Revolution. Er will gegen den Kapitalismus vorgehen, gegen die Pharmaindustrie, die Krankenversicherungen, die Energiekonzerne und die Militärindustrie.
Demokratische Mitte ist skeptisch
Sanders kündigt an, in den Wahlen im November Donald Trump zu besiegen. Doch genau das halten seine parteiinternen Gegner für unmöglich. «Wir machen uns nicht Sorgen, dass Sanders gewinnen und regieren könnte, sondern dass er gegen Donald Trump verlieren wird», sagt Ryan Pougiales von «Third Way». Die in demokratischen Kreisen einflussreiche Denkfabrik positioniert sich in der politischen Mitte und ist wirtschaftsfreundlich.
Die US-Amerikaner und -Amerikanerinnen würden nie einen selbsterklärten Sozialisten wählen, sagt Pougiales und bezieht sich auf eine kürzlich erschienene Umfrage. Die Republikaner würden die Zuschreibung «Sozialist» benutzen, um Sanders im Wahlkampf im Herbst zu vernichten. Präsident Trump nennt Sanders sogar einen Kommunisten.
Bernie Sanders lag in Iowa knapp hinter und in New Hampshire knapp vor dem gemässigten Pete Buttigieg. Und zusammen gezählt machten gemässigte Kandidierende mehr Stimmen als die Linke. Es handle sich nicht um eine Sanders-Welle. Das Problem sei, dass die Mitte dreigeteilt sei, sagt Pougiales.
Auch Bloomberg vertritt die Mitte
Denn da ist neben Buttigieg die Senatorin Amy Klobuchar und der ursprüngliche Favorit der Mitte, Ex-Vizeminister Joe Biden. Dessen Fehlstart in den Vorwahlen 2020 wird wohl in die Geschichte eingehen.
Klar ist, dass im Moment noch gar nichts klar ist. Fünf Kandidaten und Kandidatinnen kämpfen gegeneinander und ein sechster wirft sich bald ins Rennen. Der Multimilliardär Michael Bloomberg buhlt derzeit aggressiv unter anderem um wichtige schwarze Wählerstimmen. Auch er ist ein Mitte-Kandidat, ein Kandidat nach dem Geschmack von «Third Way».
Man sehe Bloomberg immer mehr als denjenigen an, der Trump besiegen könne, sagt Pougiales. Nicht nur, weil er über unbegrenzte Geldmittel verfüge, er spreche zunehmend auch die schwarze Wählerschaft an, die politisch sehr pragmatisch sei.
Albtraum Sanders?
Nicht wie Bernie Sanders, der sich unabhängig nennt und nur für den Wahlkampf der demokratischen Partei angehört. Er zielt gegen Trump und im selben Atemzug gegen das demokratische Establishment und das Kapital. Alle seien nervös, dass er gewinnen könne, er sei der schlimmste Albtraum, sagt Sanders in einer Fernsehwerbung. Er sieht sich als Anführer einer progressiven Jugendbewegung, die die USA mitreissen werde.
Sanders sei ein Populist und habe insofern Ähnlichkeiten mit Trump, als er die Elite attackiere, auch die Demokraten. Das sei bedauerlich, sagt Ryan Pougiales. «Wir haben nun fast drei Jahre zähneklappernd Trumps Präsidentschaft ertragen, ich weiss nicht, wie wir vier weitere Jahre überstehen, wenn Sanders nominiert wird und gegen Trump verliert.»
Aus den Sendungen:
Echo der Zeit vom 14.02.2020, 18 Uhr; lin;