Jeden Sonntagabend lädt Dana Cottrell zur virtuellen Bürgerversammlung auf Zoom ein. Während einer Stunde beantwortet die demokratische Kongress-Kandidatin für den Bundesstaat Florida dabei am Computer mithilfe des Chat-Programms geduldig Fragen zu ihren Positionen bei Themen wie Krankenversicherung oder Staatsverschuldung.
Via Zoom werden Cottrell aber auch ganz konkrete Fragen zur brieflichen Stimmabgabe gestellt. Das Thema verunsichert dieses Jahr viele Wählerinnen und Wähler in den USA. Bis zu 1000 Bürgerinnen und Bürger würden sich jeweils über Facebook oder Instagram in die Diskussion einschalten, sagt Cottrell.
Die Spenden bleiben mager
Virtuell könne sie mehr Menschen ansprechen als bei Veranstaltungen in Sälen und Aulen, ist die Demokratin überzeugt: «Das funktioniert aber nur, weil ich bei meiner ersten Kandidatur vor zwei Jahren bereits ein persönliches Kontaktnetz in der realen Welt aufgebaut habe.» Dieses habe sie in den virtuellen Raum übertragen können.
«Negativ ausgewirkt hat sich das Fehlen von physischen Begegnungen bisher nur beim Sammeln von Wahlkampf-Spenden», sagt Cottrell. Gerade mal umgerechnet 36'000 Franken hat sie bisher gesammelt. Dieses Geld reicht nicht für einen grossflächigen Postversand oder Massen-SMS.
Unterstützung aus der Parteizentrale
Abhilfe schafft Big Data, das 2020 nun auch im ländlichen Wahlkreis Einzug gehalten hat. «Zu Beginn war ich schockiert, wie viele Informationen die Datensätze enthielten, die ich monatlich von der staatlichen Wahlkommission von Florida erhalte», sagt Cottrell. Daraus liessen sich detaillierte Rückschlüsse über das Wahlverhalten des Einzelnen ziehen.
Mithilfe eines Daten-Analysten könne sie ganz gezielt Wechselwählerinnen oder verunsicherte Republikaner ansprechen und damit die Kosten für Drucksachen und den Versand per Post oder SMS reduzieren.
Oder sie veranstalte virtuelle Apéros und Housepartys und lade dafür bewusst potenzielle Neuwähler ein: «Im lockeren Rahmen kann ich so Freunde und Nachbarn von demokratischen Stammwählerinnen direkt ansprechen», sagt Cottrell.
Der Wahlkampf ist weniger zeitraubend
Die Kongress-Kandidatin sieht im virtuellen Wahlkampf von zu Hause aus vor allem Vorteile: So sei sie vor zwei Jahren jeden Tag mindestens vier Stunden im Auto unterwegs gewesen. Und das sogenannte Canvassing – von Tür zu Tür gehen und den persönlichen Kontakt suchen – habe sie beim letzten Wahlkampf in ihrem dünn besiedelten, aber grossflächigen Landkreis im ländlichen Florida als ineffizient erlebt.
«Nur wenige der Türen, an die ich damals geklopft habe, wurden auch tatsächlich geöffnet.» Heute könne sie an einem Tag mehr Leute erreichen und mehr Termine wahrnehmen als früher. So ist Cottrell denn überzeugt, dass auch ohne die Corona-Pandemie die Wahlkämpfe in Zukunft wohl vor allem virtuell geführt werden.