Der US-Sender ABC setzt die Talkshow des prominenten Fernsehmoderators Jimmy Kimmel vorerst ab. Begründet wurde der Schritt mit Äusserungen Kimmels über den getöteten Vertrauten von US-Präsident Donald Trump. Der Talkmaster hatte in seiner Show zuletzt suggeriert, dass der mutmassliche Attentäter möglicherweise Teil der sogenannten MAGA-Bewegung des US-Präsidenten gewesen sei. ARD-USA-Redaktor Reinhard Spiegelhauer ordnet diese Entwicklung ein.
SRF News: Mit welcher Begründung hat ABC die Jimmy-Kimmel-Show abgesetzt?
Spiegelhauer: Vergangene Woche hat Kimmel der Familie kondoliert, wie es sich gehört. Aber am Montag hat er sich relativ weit aus dem Fenster gelehnt, indem er versucht hat, diesen Jungen, der Kirk getötet hat, als einen aus dem MAGA-Lager darzustellen. Weiter hat er gesagt, die MAGA-Bewegung versuche, politisches Kapital aus dem Mord zu schlagen. Das war ungenau, denn die Motivlage ist nach wie vor nicht geklärt. Es gibt immer neue Hinweise. Es ist nicht so eindeutig, dass er dem linken Spektrum angehört, wie es das Trump-Lager von Anfang erzählt. Es ist aber auch nicht eindeutig, dass er aus dem ultrarechten Lager kommt.
Warum reagiert der Sender so stark?
Nach der Wahl von Donald Trump, nach Doge und nach vielen Aussagen, dass man viele demokratische Institutionen und Verfahren nicht anerkennen will, haben wir in den USA einen Mindshift erlebt. Und man sieht, mit welcher Konsequenz die Regierung diese Politik durchzieht. Es gab zwei Klagen von Trump gegen ABC und gegen CBS. Beide Netzwerke haben einem aussergerichtlichen Vergleich zugestimmt, obwohl alle Experten gesagt haben, es gäbe gute Chancen, dass sie gar nicht zahlen müssten.
Donald Trump – man kann es freundlich sagen – hat sich Respekt verschafft. Weniger freundlich gesagt: Mit sehr viel Macht versucht er seinen Willen durchzusetzen. Dazu gehört auch, dass Talkmaster wie Jimmy Kimmel oder kürzlich Stephen Colbert in ihren Shows nicht mehr gegen ihn agitieren dürfen.
Kimmels Aussage war ein Hauch über dem, was man sagen kann. Doch sie war bei weitem nicht so übertrieben wie alles, was wir aus dem Trump-Lager hören.
Knickt ABC vor diesen Druckversuchen ein?
Ja. Es war offenkundiger Druck. Der Chef der Aufsichtsbehörde FCC, Brendan Carr, hat klar gesagt: «Was Kimmel da gemacht hat, geht nicht. Das ist eine Verzerrung der Wirklichkeit.» Wenn man genau sein will: Kimmels Aussage war ein Hauch über dem, was man sagen kann. Doch sie war bei weitem nicht so übertrieben wie alles, was wir aus dem Trump-Lager hören. Aber sie war darüber. Darauf hat sich der Chef der FCC bezogen.
Jimmy Kimmel ist eine grosse Nummer unter den Talkmastern in den USA. Wie fallen die Reaktionen auf seine Absetzung aus?
Das ist heute die Top-News. Sie kam am späten Nachmittag und viele sind schockiert. Wie erwähnt ist Stephen Colbert seine Show ab kommendem Mai auch los, offiziell nicht aufgrund von Druck durch Trump. Viele Beobachter sehen das aber als ein Zugeständnis des Netzwerks. Es passt einerseits in die Reihe, andererseits ist es ein aufsehenerregender Schritt.
Schon nur darauf hinzuweisen, dass Kirk zum Teil ultrarechte Positionen vertreten hat, hat gereicht, um Menschen zu doxen, sie bei ihren Arbeitgebern anzuschwärzen.
Wird die Luft für kritische Stimmen gegenüber Trump und den Republikanern dünner?
Die Situation hat sich seit der Ermordung von Charlie Kirk verschärft. Der Diskurs ist noch mal drastisch anders geworden. Schon nur darauf hinzuweisen, dass Kirk zum Teil ultrarechte Positionen vertreten hat, hat gereicht, um Menschen zu doxen. Die haben sie dann tatsächlich entlassen. Das Miteinander in der Gesellschaft hat noch mal schwersten Schaden genommen. Es war ja ohnehin vorher schon schwer angeknackst.
Das Gespräch führte Dominik Rolli.