Im US-Bundesstaaten New Jersey hat die Demokratin Mikie Sherrill das Amt der Gouverneurin gewonnen, in Virginia übernimmt Abigail Spanberger dieses Amt. Die Stadt New York wählt einen Demokraten zum Bürgermeister, Zohran Mamdani. Mamdani gilt als rotes Tuch für US-Präsident Donald Trump. Politologe Thomas Jäger sagt, wie er diese Wahlresultate interpretiert.
SRF News: Mit welchem Gefühl gehen die Demokraten in den USA heute schlafen?
Mit einem guten. In jedem Fall ist es das Gefühl, dass sich die schlechten Umfragewerte für Trump in Wahlsiege für die Demokraten ummünzen lassen, schliesslich dachte man die ganze Zeit, das funktioniere nicht. Aber es ist sicher auch das Gefühl, dass die Partei vor einer grossen Aufgabe steht. Die Demokratische Partei muss das Zelt wieder aufbauen, das unterschiedlichen Kräfte vereint.
In Kalifornien wurden sogar 64 Prozent der Stimmen geholt. Das ist ein deutliches Zeichen gegen Trump.
Sind diese Wahlresultate so etwas wie die Auferstehung der Demokratischen Partei?
Ja, ohne Frage. In den letzten Monaten konnten wir beobachten, wie Trump immer unbeliebter wurde. Er hat in keinem Politikbereich mehr die Unterstützung der Amerikanerinnen und Amerikaner hinter sich. Gleichzeitig konnten die Demokraten davon nicht profitieren.
Aber nun sehen wir, wie deutlich sie gewonnen haben. In New York waren es zwar nur über knapp über 50 Prozent, aber in New Jersey gewannen sie mit 56 Prozent und in Virginia mit 57 Prozent. In Kalifornien wurden sogar 64 Prozent der Stimmen geholt. Das ist ein deutliches Zeichen gegen Trump. Trump hat deshalb gesagt: «Ich stand nicht auf dem Wahlzettel, es kann mit mir nichts zu tun haben.» Es ist aber so: Es war eine Anti-Trump-Wahl.
Kommt nun auf die Demokratische Partei ein Richtungsstreit zu?
Ja, den führt sie seit zehn Jahren. Die zwei Frauen in New Jersey und Virginia gehören zum wirtschaftsfreundlichen Flügel. Sie versuchen sozusagen Trump-Wähler zurückzugewinnen. Auf der anderen Seite hat mit Mamdani in New York jemand gewonnen, der eine linke Politik machen will. Das sind die zwei Richtungen. Entweder müssen die Demokraten sich für eine entscheiden, oder aber versuchen, die beiden irgendwie zu verbinden,
Wenn die Demokraten ihre Gegenerzählung durchsetzen können, dann wird sich dahinter auch die entsprechende Wählerschaft sammeln.
Was ist die wahrscheinlichere Option?
Zumindest aus Sicht der Zwischenwahlen und der Präsidentschaftswahlen geht es um die zentrale Frage: Wer kann den Amerikanern eine alternative Erzählung über den Stand ihrer Nation anbieten? Momentan beherrscht Trump den Informationsraum allein. Er fürchtet, dass aus New York eine Gegenerzählung kommt, die besagt: «Trump sagt, er tue was für euch, aber das tut er gar nicht. Die Lebenshaltungskosten bleiben hoch, die Mieten steigen, ihr kriegt keine Jobs. Nun kommen wir und machen es besser für euch.» Wenn die Demokraten ihre Gegenerzählung durchsetzen können, dann wird sich dahinter auch die entsprechende Wählerschaft sammeln.
Was kann die Demokratische Partei von diesen Wahlen für die Zwischenwahlen im nächsten Jahr lernen?
Sie kann lernen, dass sie für die jeweiligen Bezirke die richtigen Kandidaten braucht. Das können Linke sein, das können Moderate sein. Jetzt geht es darum, dass man in den jeweiligen Bezirken auf die Wahlbeteiligung hin bedacht die richtigen Kandidatinnen und Kandidaten findet. Dann können die Mehrheiten im Kongress kippen und das wäre ein deutliches Zeichen gegen die Regierung. Donald Trump hat schon reagiert und gesagt, dass die Republikaner nun achtgeben müssten.
Das Gespräch führte Vera Deragisch.