Ein Quartier im Südosten von Washington. In einer Lagerhalle verteilen Dave und sein Team Lebensmittel: Grundnahrungsmittel wie Mehl und Zucker, Konserven, aber auch frisches Gemüse, Eier und Milch. Das Angebot steht nicht nur Hilfsbedürftigen, sondern neu auch Regierungsangestellten offen. «Wir machen, was wir können», sagt Dave.
Die Infrastruktur würde ausgeweitet, aber für alle Regierungsmitarbeitende, die wegen des «Shutdowns» keinen Lohn erhalten, werde es nicht ausreichen.
Die Lebenshaltungskosten hier in Washington sind unglaublich hoch. Viele spüren Lohnausfälle deshalb schnell.
Die Solidarität ist gross: Tracy hat soeben einen ganzen Einkaufswagen voller Lebensmittel zum Verteilen vorbeigebracht. «Nicht alle, die bei der Regierung arbeiteten, sind reich», sagt Tracy, «Kommt dazu, dass die Lebenshaltungskosten hier in Washington unglaublich hoch sind. Viele spüren Lohnausfälle deshalb schnell».
Regierungsangestellte, die normalerweise nicht auf kostenlose Lebensmittel angewiesen sind, stehen nun Schlange. Sie schämen sich und wollen nicht darüber sprechen.
Mittel für Lebensmittelhilfe sind erschöpft
Für andere ist es nichts Neues, für Essen anzustehen. Doch auch für sie hat sich die Situation zugespitzt, denn sie erhalten kein Essensgeld mehr von der Regierung. Dieses mache für sie rund die Hälfte des Lebensmittelbudgets aus, sagt die alleinerziehende Mutter Sheila: «Wir brauchen diese Regierungshilfe, oder sollen meine Kinder hungern?»
Das System funktioniert so, dass Berechtigte eine spezielle Debitkarte erhalten, auf die Geld geladen wird. Im Durchschnitt sind es knapp 200 Dollar pro Monat. Mit diesen Karten kann man direkt an der Kasse grosser Lebensmittelläden bezahlen. Das Geld für den Monat November ist noch nicht da und die Verunsicherung ist gross, ob und wann es kommt. «Warum müssen ausgerechnet wir Ärmsten leiden?», fragt sich Sheila.
Wut auf Parlamentarierinnen und Parlamentarier
Die Wut auf die Parlamentarierinnen und Parlamentarier wächst. Im Kongress sind die Fronten verhärtet. Die Demokraten fordern, dass die Subventionen für das staatliche Krankenversicherungsprogramm verlängert werden. Die Republikaner und das Weisse Haus lehnen dies jedoch ab.
Da die Mehrheit der Republikaner knapp ist, benötigen sie auch Stimmen von Demokraten, um das Budget durch den Senat zu bringen. Beide Parteien versuchen, sich gegenseitig die Schuld für den «Shutdown» zuzuschieben.
Beiden Parteien wird Schuld zugeschoben
In repräsentativen Umfragen gibt ein grösserer Teil der Befragten den Republikanern die Schuld an der jetzigen Situation. Auffällig ist jedoch, dass die Mehrheit der Befragten nicht einer der beiden Parteien die Schuld gibt, sondern den Kongressabgeordneten insgesamt. Auch Sheila. Die Politikerinnen und Politiker sollten sich nun endlich einigen: «Sie sind Millionäre. Würde ich ins Kapitol gehen, könnten sie mir nicht einmal sagen, was Milch oder Eier kosten.»
Unterkriegen lassen, will sich Sheila aber nicht. Sie wisse schon, wie man Maisbrot auch ohne Milch backe, gibt sie sich kämpferisch. Noch ist keine Einigung im Budgetstreit und ein Ende des Verwaltungsstillstands absehbar.