US-Verteidigungsminister Pete Hegseth ist unter Druck. Er soll im September den Befehl gegeben haben, Überlebende eines zuvor vom US-Militär bombardierten mutmasslichen Schmugglerboots vor Venezuela zu töten. Ausserdem kocht die Affäre um den Signal-Chat zu Jemen wieder auf. Die Hintergründe erläutert USA-Experte Thomas Jäger.
SRF News: Stimmt der Eindruck, dass Pete Hegseth angezählt ist?
Thomas Jäger: Das ist er seit seinem Amtsantritt. Er wurde bekanntlich mit nur einer Stimme Mehrheit vom Senat bestätigt. Man wusste also, dass man nicht wirklich den besten Mann gewählt hat. Trump wählte ihn aus einem bestimmten Grund aus: Hegseth sollte das Militär säubern und Trump-kritische Offiziere entfernen. Für Trump hat er also einen gewissen Wert.
Im Fall der Luftschläge auf ein mutmassliches Schmugglerboot vor Venezuela gibt es jetzt auch Kritik von republikanischer Seite. Warum?
Weil die Schüsse auf zwei Überlebende des zuvor erfolgten ersten Beschusses des Bootes ein Kriegsverbrechen sind. Da gibt es unter Militärjuristen überhaupt keinen Zweifel. Oder es war sogar schlichter Mord. Je nachdem, wie man das einordnen möchte.
Solange Hegseth für Trump aber das Pentagon säubert, ist er für den Präsidenten wichtig.
Aus Sicht der Trump-Administration sind das natürlich keine Kriegsverbrechen. Trotzdem: Wird Hegseth sich halten können?
Hegseth versucht, sich herauszuwinden und sagt, ein Admiral habe die militärischen Befehle gegeben – nicht er. Hegseth nennt das die Nebel des Krieges, in denen das geschieht – und Trump stärkt ihm noch den Rücken. Die Frage ist: Wie lange ist Hegseth für Trump noch nützlich? Wie lange braucht Trump jemanden, der im eigentlichen Arbeitsbereich ohne Einfluss ist? Man denke an die Verhandlungen zu Gaza oder zur Ukraine, bei denen Hegseth keine Rolle spielt. Solange Hegseth für Trump aber das Pentagon säubert, ist er für den Präsidenten wichtig.
Weiteres Ungemach droht Hegseth durch einen Untersuchungsbericht zur Signal-Chat-Affäre. Er soll heute erscheinen. Nimmt damit der Druck auf den Verteidigungsminister weiter zu?
Der Bericht wirft Hegseth vor, das Leben von Soldaten gefährdet zu haben. Das erhöht den Druck auf ihn sicher nochmals. Der damalige Nationale Sicherheitsberater Michael Waltz musste als Folge der Signal-Panne abtreten, und Hegseth hätte eigentlich zurücktreten müssen. Der Bericht jetzt wird wohl stark geschwärzt sein, mit Berufung auf die Gefährdung der nationalen Sicherheit. Ob Trump Hegseth fallen lässt oder nicht, hat mit den eigentlichen Vorfällen überhaupt nichts zu tun. Es geht nur darum, ob Hegseth ihm noch von Nutzen ist oder nicht.
Und: Ist Hegseth Trump denn noch von Nutzen?
Das hängt mit einem Dritten zusammen, der in dieser politischen Intrige involviert ist: Vizepräsident J.D. Vance. Er bereitet sich offensichtlich darauf vor, die Präsidentschaft zu übernehmen und versucht jetzt, seine Leute in Stellung zu bringen. So etwa einen der stellvertretenden Verteidigungsminister, Daniel Driscoll. Dieser tritt jetzt schon überall da auf, wo er eigentlich Hegseth hätte auftreten müssen. Möglicherweise kommt der Druck auf Hegseth also nicht von Trump, sondern aus dessen Umfeld im Weissen Haus. Manche finden dort wohl, man müsse Hegseth jetzt loswerden. Es sind diese Intrigenspiele im Weissen Haus, die man jetzt beobachten muss.
Das Gespräch führte Nicolas Malzacher.