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Wegen angeblicher Zensur USA: Einreiseverbot gegen fünf Europäer – EU droht mit Vergeltung

Das US-Aussenministerium hatte am Dienstagabend Einreise- und Aufenthaltsverbote in den USA gegen insgesamt fünf Betroffene ausgesprochen.

Das ist passiert: Das US-Ministerium erklärte, dass die betroffenen Personen «radikale Aktivisten» seien und Nicht­regierungs­organisationen «instrumentalisierten», die Zensurmassnahmen durch ausländische Staaten vorangetrieben hätten. Die fünf Personen sollen demnach versucht haben, US-Plattformen zu zwingen, «amerikanische Standpunkte» zu unterdrücken, die sie ablehnten. US-Aussenminister Marco Rubio schrieb auf X, die US-Regierung werde «exterritoriale Zensur» nicht länger tolerieren und Einreiseverbote gegen «führende Persönlichkeiten des globalen Zensur-Industrie-Komplexes» einführen.

Marco Rubio spricht hinter einem Pult
Legende: Man sei bereit, die Liste zu erweitern, wenn es keine Kurskorrektur gebe, erklärt die US-Regierung. AP Photo/Julia Demaree Nikhinson (Archiv)

Früherer EU-Kommissar Breton spricht von «Hexenjagd»: Ebenfalls vom Einreiseverbot betroffen, ist der frühere EU-Kommissar Thierry Breton. Breton verglich die vom US-Aussenministerium verkündeten Sanktionen gegen ihn und vier weitere Personen mit der «Hexenjagd» auf vermeintliche Kommunisten zu Zeiten der McCarthy-Ära in den USA. Der Franzose gilt als Architekt des EU-Gesetzespakets Digital Services Act, mit dem Online-Plattformen reguliert werden.

Die Reaktion Frankreichs: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat das von der US-Regierung verhängte Einreiseverbot gegen die Geschäftsführerinnen der deutschen Beratungsstelle HateAid und weitere Europäer scharf kritisiert. «Diese Massnahmen kommen Einschüchterung und Zwang gleich, die darauf abzielen, die europäische digitale Souveränität zu unterwandern», schrieb Macron auf X.

Auch HateAid-Leiterinnen von Sanktionen betroffen: Die beiden Geschäftsführerinnen der deutschen Menschen­rechts­organisation HateAid, Josephine Ballon und Anna-Lena von Hodenberg, wurden mit dem Einreiseverbot belegt. Sie seien nicht überrascht, erklären sie gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Die beiden Leiterinnen engagieren sich seit Jahren gegen Hass und Hetze im Netz und sehen mit dem Vorgehen der Regierung von US-Präsident Donald Trump eine neue Eskalationsstufe erreicht. «Die US-Regierung stellt damit die europäische Souveränität infrage», sagen sie. Die USA versuchen mit allen Mitteln zu verhindern, dass sich US-Konzerne in Europa an geltendes Recht halten müssen.

Die Arbeit von HateAid

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HateAid bietet Menschen, die im Internet bedroht oder angegriffen werden, psychologische und rechtliche Unterstützung an. Im Oktober erhielt von Hodenberg für ihre Arbeit den Bundesverdienstorden.

Zwei weitere Personen wurden sanktioniert: Sanktionen verhängte die US-Regierung auch gegen die Gründerin des britischen Global Disinformation Index (GDI), Clare Melford, und gegen den Gründer des in den USA und Grossbritannien tätigen Center for Countering Digital Hate (CCDH), Imran Ahmed.

Weitere Reaktionen

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Der Präsident des Europäischen Rates, António Costa, sagte, das von den USA verhängte Einreiseverbot für fünf europäische Bürger, darunter der ehemalige Kommissar Thierry Breton, sei «zwischen Verbündeten, Partnern und Freunden inakzeptabel». Weiter schreibt Costa in einem Beitrag auf X: «Die EU steht fest zu ihrer Verteidigung der Meinungsfreiheit, fairer digitaler Regeln und ihrer regulatorischen Souveränität.»

Auch die spanische Regierung verurteilte das von den USA verhängte Einreiseverbot und bekundete ihre «Solidarität mit dem ehemaligen EU-Kommissar Thierry Breton und den Führungskräften zivilgesellschaftlicher Organisationen, die gegen Desinformation und Hassreden kämpfen». Dies erklärte das spanische Ministerium in einer Mitteilung und bezeichnete den Schutz eines «sicheren digitalen Raums» als «grundlegend für die Demokratie in Europa».

Der deutsche Aussenminister Johann Wadephul schrieb auf X, der von der US-Regierung scharf attackierte Digital Services Act stelle sicher, «dass alles, was offline illegal ist, auch online illegal ist». Er sei von der Europäischen Union für die EU demokratisch beschlossen worden und wirke nicht extraterritorial, betonte Wadephul. «Andere Auffassungen wollen wir mit den USA grundsätzlich im transatlantischen Dialog klären, um unsere Partnerschaft zu stärken.»

EU-Kommission droht USA: Die EU-Kommission, die von Ursula von der Leyen präsidiert wird, droht Vergeltungsmassnahmen gegen die von der US-Regierung verhängten Einreiseverbote gegen Breton und andere Europäer an. Man verurteile die Entscheidung der USA aufs Schärfste, teilte die Behörde mit. Man habe von den US-Behörden Klarstellungen erbeten. Falls erforderlich, werde man rasch und entschlossen reagieren, um das Recht zu verteidigen, seine eigenen Regeln festzulegen.

Person hält Rede hinter Pult mit EU-Flagge.
Legende: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Europaparlament in Strassburg (10.9.2025) REUTERS/Yves Herman/File Photo

«Unsere digitalen Regeln sorgen für einen sicheren und fairen Wettbewerb für alle Unternehmen und werden ohne Diskriminierung angewendet», heisst es in der Stellungnahme. Die Meinungsfreiheit gehöre zu den grundlegenden Rechten in Europa und sei ein Wert, den man mit den USA und anderen Demokratien teile. Wie sie genau auf die Anreiseverbote reagieren könnte, erläuterte die EU-Kommission zunächst nicht.

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SRF 4 News, 24.12.2025, 02:00 Uhr, ; 

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