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Vereinte Nationen Die UNO im Kreuzfeuer der Grossmächte

Die New Yorker nennen die Woche im September, wenn sich die Mächtigen der Welt in Manhattan versammeln, «Crazy Week». Sie meinen damit dauerverstopfte Strassen, explodierende Hotelpreise und Tausende von Prominenten, die durch Midtown East wuseln.

Tatsächlich gewinnt das Stelldichein am East River, die UNO-Generalversammlung, von Jahr zu Jahr an Attraktivität. Als Ort der Begegnung, als Dialogplattform bleibt die UNO gefragt. Und unverzichtbar. Weshalb sich fast alle verbal dazu bekennen, sie zu stärken. Oder realistischer: Sie wieder funktionsfähig zu machen.

Das gelingt offenkundig nicht, obgleich ein ehrgeiziger Zukunftspakt beschlossen wurde. Denn es fehlt der Wille, ihn um- und durchzusetzen. Die 193 UNO-Mitgliedstaaten sind kaum noch imstande, sich zusammenzuraufen. Die Ursache liegt zuvorderst bei den drei einflussreichsten Mächten in der UNO.

USA, Russland, China

Die USA, einst unbestritten die Taktgeber in der UNO, haben erheblich an Gewicht verloren. Was sie sagen, ist nicht länger Gebot. Abhandengekommen ist ihnen zudem die Verlässlichkeit. Je nachdem, wer gerade im Weissen Haus regiert, sieht US-Geopolitik völlig anders aus. Von Bill Clinton zu George W. Bush zu Barack Obama zu Donald Trump zu Joe Biden und womöglich bald wieder zu Trump ... – da geht's jeweils nicht um Nuancen, da tun sich Abgründe auf.

Russland sieht die UNO einzig noch als Ort, wo es als Vetomacht ganz oben mitspielen kann. Es verweigert sich jeder UNO-Reform und sabotiert Beschlüsse, wo es nur kann: Friedenstruppen in Mali, humanitäre Hilfe für Nordsyrien, Sanktionen gegen Nordkorea, einen Frieden für die Ukraine, ... – Russland gibt den notorischen Störenfried.

China schliesslich strebt legitimerweise und erfolgreich mehr Einfluss in der UNO an. Weniger legitim ist, dass es zugleich danach trachtet, die Weltorganisation fundamental umzukrempeln, und zwar im Sinne autoritärer Regime und entgegen der UNO-Charta. Freiheitsrechte, Menschenrechte, Demokratie – bitte streichen.

Egoismus vor Prinzipien

Und immer mehr Regierungen vertreten in der UNO keine Werte, sondern einzig Interessen, oft kurzfristige. Prinzipien galten gestern, jetzt herrscht der Egoismus.

Mit solchen Mitgliedern gibt es keine bessere Welt. Noch immer verbirgt sich zwar hinter der lauten Kakophonie viel nützliche Diplomatie. UNO-Organe leisten im Terrain dringend nötige Arbeit. Doch geht es um Entwicklung, ums Klima, um Frieden, dann fehlen die Taten. Wer die UNO immer schon kritisierte, quittiert das nun mit Häme. Doch Freude an dieser Entwicklung können eigentlich nur Diktatoren haben. Für sie ist weltweite Instabilität keine Gefahr, vielmehr eine Chance.

Der UNO-Generalsekretär sieht eine Welt in Aufruhr. Und eine langjährige Spitzendiplomatin spricht von einer Welt, die komplett auseinanderfällt. Es ist wahr. Und es ist gefährlich.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger.

Video
Aus dem Archiv: UNO-Vollversammlung beginnt
Aus Tagesschau vom 24.09.2024.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 34 Sekunden.

Tagesschau, 24.9.2024, 19:30 Uhr;lehl

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