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Verletzte Waffenruhe Was ist das Kernproblem zwischen Thailand und Kambodscha?

Zwischen Thailand und Kambodscha ist der seit Jahren schwelende Grenzkonflikt erneut aufgeflammt. Beide Seiten beschuldigen sich, zuerst geschossen zu haben. Thailand berichtet von einem getöteten Soldaten und flog als Reaktion Luftangriffe, Kambodscha widerspricht. Woher diese neue Eskalation kommt und wie gefährlich sie ist, erläutert Andreas Babst, NZZ-Korrespondent in Bangkok.

Andreas Babst

NZZ-Korrespondent für Südostasien

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Andreas Babst studierte Politikwissenschaft und VWL und absolvierte die Journalistenschule MAZ. Seit 2015 schreibt er für die NZZ. Von 2020 bis 2024 war er Südasien-Korrespondent in Delhi. Seit Anfang 2025 berichtet er aus Bangkok über Südostasien.

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SRF News: Warum ist es erneut zu Gewalt gekommen?

Andreas Babst: Das ist im Moment schwierig zu sagen. Es gibt Spekulationen rund um sogenannte Scam Center in der Grenzregion in Kambodscha. Faktisch kann man nicht sagen, wieso dieser schwelende Konflikt wieder ausgebrochen ist. Klar ist nur: Der Konflikt um die unklare Grenzziehung schwelt seit Jahrzehnten.

Diese Waffenruhe war ein verordneter Frieden.

Was hat es mit diesen Scam Centern auf sich?

Vieles davon ist Spekulation. Beim letzten Mal spielten wohl Machtkämpfe zwischen politisch starken Männern in Thailand und Kambodscha eine Rolle. Diesmal scheint das weniger der Fall zu sein. Thailand hat aber in diesen Tagen Sanktionen gegen kambodschanische Akteure verhängt, die in solche Scam Center involviert sind.

Viele Menschen auf Motorrädern und Mopeds im Verkehr.
Legende: Für den Moment bleibt die Lage zwischen Thailand und Kambodscha undurchsichtig. Menschen müssen aus ihren Wohngebieten flüchten. EPA/Agence Kampuchea Presse (AKP) (08.12.2025)

Warum hält die Waffenruhe vom Oktober nicht?

Diese Waffenruhe war ein verordneter Frieden. Donald Trump hatte damals über Social Media vermittelt. Er hat beiden Ländern Anreize bei den Zolldeals geboten. Thailand und Kambodscha haben das höher gewichtet als den Grenzstreit. Die grundlegenden Konflikte, vor allem diese Grenzziehung, wurden nicht gelöst.

Der Konflikt schwelt schon seit vielen Jahren, wurde aber nur selten gewalttätig.

Zudem gab es im Juli, als der Konflikt ausbrach, viele nationalistische Scharfmacher auf beiden Seiten mit Beschuldigungen und Falschmeldungen. Diese Gefühle wieder runterzutemperieren, ist schwierig und auch mit einem Friedensvertrag nicht einfach gelöst.

Was ist das Kernproblem zwischen Thailand und Kambodscha?

Die Grenzziehung ist seit der Kolonialzeit Anfang des 20. Jahrhunderts nicht klar definiert. Beide Länder beziehen sich auf eine andere Grenzlinie und andere Karten. Sie bringen unterschiedliche Landkarten an den Verhandlungstisch. Der Konflikt schwelt schon seit vielen Jahren, wurde aber nur selten gewalttätig.

Welche Rolle spielen die USA?

Die USA haben Einfluss, vor allem in Thailand. Beide Länder balancieren zwischen China und den USA. Keines der Länder hat ein Interesse, mit den USA zu brechen. Zwischen Thailand und den USA gibt es viele Militärkooperationen. Im Rahmen des Waffenruhe-Abkommens wurde das US-Waffenembargo gegen Kambodscha gelockert. Es gibt wenig Interesse, diesen Konflikt so weit eskalieren zu lassen, dass die USA sich komplett von ihnen abwenden.

Droht ein offener Krieg oder bleibt es eher bei Scharmützeln?

Meiner Einschätzung nach wird es keinen offenen Krieg geben. Das gab es in Südostasien schon sehr lange nicht mehr. Aber auch Scharmützel sind gefährlich; im Juli starben über 40 Menschen. Jedoch können nicht nur die USA und China vermitteln, sondern auch die Asean, die Regionalvereinigung dieser Staaten. Die Kommunikationskanäle zwischen den Konfliktparteien existieren schon lange. Es ist zu hoffen, dass sie jetzt auch genutzt werden.

Das Gespräch führte Nicolas Malzacher.

SRF 4 News, 8.12.2025, 7:17 Uhr ; 

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