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Von Peng Shuai fehlt bisher jede Spur
Aus SRF 4 News aktuell vom 18.11.2021. Bild: Reuters
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Verschwundene Tennisspielerin Grosse Zweifel an Echtheit von Peng Shuais angeblicher E-Mail

Darum geht es: Der Fall der vermissten chinesischen Tennisspielerin Peng Shuai dreht weitere Kreise. In China veröffentlichten die Staatsmedien eine E-Mail, die angeblich von ihr stammt. Die Berichte über sie, «einschliesslich des Vorwurfs der sexuellen Nötigung», seien «nicht wahr», hiess es darin. Ihr gehe es gut, sie habe sich nur zu Hause ausgeruht. Die angebliche Nachricht von Peng Shuai wirft nach Ansicht des Welt-Frauentennisverbands (WTA) jedoch mehr Fragen auf, als sie beantwortet. Peng Shuai hatte Chinas früherem Vize-Ministerpräsidenten Zhang Gaoli Vergewaltigung vorgeworfen. Seitdem gilt sie als vermisst.

WTA-Direktor zeigt sich besorgt

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Die Tenniswelt zeigt sich besorgt über das Verschwinden Peng Shuais. WTA-Chef Steve Simon sagte, es falle ihm schwer, zu glauben, dass die Nachricht von ihr stamme. Die WTA und der Rest der Welt brauchten einen «unabhängigen und nachprüfbaren Beweis», dass die Spielerin in Sicherheit sei.

Die Veröffentlichung durch chinesische Staatsmedien vergrössere seine Bedenken bezüglich ihrer Sicherheit und ihres Aufenthaltsorts. «Es muss Peng Shuai erlaubt werden, frei zu sprechen, ohne Zwang oder Einschüchterung jeglicher Herkunft.» Er habe selbst wiederholt über verschiedene Wege «vergeblich» versucht, den Tennisstar zu erreichen.

Simon schliesst harte Massnahmen mittlerweile nicht mehr aus und drohte sogar, dem Reich der Mitte gar WTA-Turniere zu entziehen. «Wir sind definitiv bereit dazu und würden alle Komplikationen, die das mit sich bringt, regeln», sagte der Funktionär gegenüber «CNN». Schätzungen zufolge könnte die WTA durch eine solche Massnahme mehrere hundert Millionen Dollar verlieren. Simon stellte aber klar: «Dies ist grösser als das Geschäft. Frauen müssen respektiert und nicht zensiert werden.»

Deshalb sind Zweifel angebracht: «Der Text schaut aus, als ob er ganz plump gefälscht wurde», sagt Steffen Wurzel vom ARD-Büro in Schanghai. Sowohl die Tatsache, dass der Text vom staatlichen chinesischen Auslandsfernsehen CGTN veröffentlicht wurde als auch sein Inhalt wirke alles andere als authentisch. So werde am Ende des Textes etwa auch Werbung für den chinesischen Tennissport gemacht. «Online sprechen viele Beobachter von Realsatire», so Wurzel. Während des Verfassens des Textes sei offenbar ein Screenshot gemacht worden, der dann auf Twitter veröffentlicht worden sei. Denn auf dem auf Twitter veröffentlichten Bild sei sogar noch der Cursor zu sehen.

So reagiert die Regierung auf die Vorwürfe: Bislang hat sich die chinesische Regierung nicht dazu geäussert, ob sie die Vergewaltigungsvorwürfe von Peng Shuai prüft. Auf entsprechende Fragen von ausländischen Journalisten, etwa bei Medienkonferenzen, sei bislang niemand eingegangen, sagt Wurzel. «Das zeigt, dass es ein hochsensibles Thema ist.» Er gehe aber schon davon aus, dass die Anschuldigungen hinter den Kulissen untersucht würden – davon aber nichts nach aussen dringen soll. Entsprechend sei das Ganze in den chinesischen Medien kein Thema – und was über soziale Medien von aussen nach China komme, werde zensiert.

Das sind Peng Shuais Vorwürfe

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Peng Shuai hatte Anfang November im sozialen Netzwerk Weibo Vorwürfe wegen eines sexuellen Übergriffs durch einen chinesischen Spitzenpolitiker veröffentlicht. In jenem Eintrag, der wenig später gelöscht wurde, wurde geschildert, dass die heute 35-Jährige über einen Zeitraum von zehn Jahren mit Unterbrechungen eine Beziehung mit dem verheirateten früheren Vizepremier Zhang Gaoli (75) gehabt habe. Im Beitrag ist von Liebe und Zuneigung die Rede, aber auch von einem ungewollten sexuellen Übergriff – ohne dass Beweise vorgelegt werden könnten. Die Echtheit des Postings konnte nicht verifiziert werden.
Seither ist Peng Shuai nicht mehr öffentlich gesehen worden.

Darum verschwinden Prominente: Peng Shuais Verschwinden aus der Öffentlichkeit ist keineswegs ein Einzelfall. In China verschwinden zwischenzeitlich immer wieder bekannte Persönlichkeiten, nachdem sie sich kritisch geäussert haben. «China ist kein Rechtsstaat und sehr intransparent», sagt der ARD-Korrespondent. Was mit den Betroffenen genau geschehe, sei deshalb ziemlich undurchsichtig. In manchen Fällen reiche wohl eine Drohung des Staatssicherheitsdienstes, sich zurückzuhalten und sich vorübergehend aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen, damit der betreffenden Person und ihrer Familie nichts passiere.

China will unterbinden, dass #metoo sich zu einer zivilgesellschaftlichen Bewegung entwickelt.
Autor: Steffen Wurzel ARD-Korrespondent in Schanghai

Das lehrt uns die Affäre: Zwar habe #metoo auch in China in den letzten Jahren eine Rolle gespielt und zahlreiche Prominente seien ins Zwielicht geraten oder sogar angeklagt worden, so Wurzel. Neu sei aber, dass es jetzt um schwere Vorwürfe gegen ein Top-Kader-Mitglied der Partei gehe. «China nimmt Vorwürfe von sexuellen Übergriffen sicher ernst – aber man will unterbinden, dass #metoo sich zu einer zivilgesellschaftlichen Bewegung entwickelt», sagt der ARD-Korrespondent. Auch zeige die Affäre, dass es ein «absolutes Tabu» sei, die Staats- und Parteiführung auch nur ansatzweise zu kritisieren. «Da wird man umgehend aus dem Verkehr gezogen.»

UNO fordert volle Transparenz

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Der internationale Druck auf China im Zusammenhang mit der verschwundenen Tennisspielerin Peng Shuai wächst: Am Freitag haben sich erstmals die Vereinten Nationen (UNO) zu Wort gemeldet. «Es wäre wichtig, Beweise für ihren Aufenthaltsort und ihr Wohlergehen zu haben», sagte Liz Throssell, die Sprecherin des UNO-Menschenrechtsbüros in Genf. Man dränge darauf, «dass es eine Untersuchung mit voller Transparenz zu ihren Vorwürfen der sexuellen Nötigung gibt».

SRF 4 News, 18.11.2021, 10:10 Uhr;

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