- Ringen um die Verteilung von Migranten auf europäische Staaten: Die deutsche Regierung ist bereit, jeden vierten in Italien ankommenden Bootsflüchtling aufzunehmen – so wie bis anhin.
- Das sagte Deutschlands Innenminister Horst Seehofer (CSU) der «Süddeutschen Zeitung».
«Ich habe immer gesagt, unsere Migrationspolitik ist auch human. Wir werden niemanden ertrinken lassen», so Seehofer. Die Gespräche liefen noch, wenn aber alles wie besprochen bleibe, «können wir 25 Prozent der aus Seenot geretteten Menschen übernehmen, die vor Italien auftauchen. Das wird unsere Migrationspolitik nicht überfordern.» Zugleich werde er darauf dringen, gerettete Migranten noch in Italien einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen.
Deutschland habe auch bisher schon rund ein Viertel der aus dem Mittelmeer geretteten Menschen aus Italien übernommen: «An diesem Schlüssel ändert sich nichts», erklärte Seehofer.
Es sei aber höchste Zeit, sich von dem «quälenden Prozedere» zu verabschieden, bei dem in der Vergangenheit Flüchtlinge von jedem einlaufenden Rettungsschiff einzeln über Europa verteilt werden mussten – und das teils erst nach langem Gerangel, bei dem sich ein Mitgliedstaat nach dem anderen für nicht zuständig erklärte.
In den zurückliegenden zwölf Monaten kamen laut Bundesinnenministerium 561 Bootsflüchtlinge über Italien nach Deutschland.
Baldiges Treffen für Quoten
Auf der Suche nach einer Lösung, wie Bootsflüchtlinge innerhalb der EU verteilt werden sollen, könnte es im übrigen bald greifbare Fortschritte geben. Für den 23. September hat Malta Vertreter Deutschlands, Frankreichs, Italiens, des EU-Ratsvorsitzenden Finnland sowie der EU-Kommission zu einem Treffen in die maltesische Stadt Vittoriosa eingeladen, um eine vorläufige Quotenregelung zu finden. Im Oktober soll der Vorschlag den Staats- und Regierungschefs vorgelegt werden.
«Die Erwartung ist, dass weitere Staaten sich anschliessen», sagte Seehofer. Laut der «Süddeutschen Zeitung» und der «Bild»-Zeitung ist angeblich auch Frankreich bereit, 25 Prozent der in Italien anlandenden Bootsflüchtlinge aufzunehmen.
Italien und Malta hatten zuletzt immer wieder Schiffen mit geretteten Migranten an Bord die Einfahrt in ihre Häfen untersagt. Die Menschen mussten daraufhin oft für mehrere Wochen auf den Schiffen ausharren.
Politikwechsel in Italien?
Im Falle Italiens war bis vor kurzem Innenminister und Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini von der rechten Lega hauptverantwortlich für den knallharten Kurs in der Migrationspolitik.
Nach dem jüngsten Regierungswechsel in Rom hoffen die europäischen Partner nun wieder auf mehr Kooperationsbereitschaft seitens der italienischen Regierung – und könnten ihrerseits geneigt sein, Hilfe anzubieten, um den innenpolitischen Druck auf die neue Mitte-Links-Koalition des parteilosen Regierungschefs Giuseppe Conte zu lindern.
Seehofer hatte erst am Mittwoch seine Hoffnung auf einen Neuanfang mit der neu vereidigten italienischen Innenministerin Luciana Lamorgese ausgedrückt. Er setze auf «eine gute und verlässliche Zusammenarbeit», sagte Seehofer nach einem Telefonat mit Lamorgese.
Ausschiffungslager vom Tisch
Eine von Seehofer ins Spiel gebrachte Regelung, wonach Flüchtlinge zunächst zu Ausschiffungsplattformen in Nordafrika gebracht werden sollten, um dort ihr Asylverfahren abzuwickeln, ist wohl vorerst vom Tisch. «Dazu braucht es ein bis zwei Länder in Nordafrika, die das befürworten», sagte Seehofer. «Die gibt es nicht.»