Sechs Männer sind unterwegs auf dem Fahrrad – mit Leuchtwesten und einer langen Peitsche, dem Schambok, in der Hand. Sie gehören zur Sicherheitspatrouille in der Township Langa, die vor Kapstadt liegt.
Wir mussten unsere Township zurückerobern. Denn die Polizei hat unsere Gemeinschaft vernachlässigt.
Alle sind arbeitslos und sorgen dennoch kostenlos dafür, dass Langa heute zu den sichersten Townships in Südafrika gehört. Bandile Gcuwa, der Vorsitzer, erklärt: «Wir mussten unsere Township zurückerobern. Denn die Polizei, ich lüge nicht, hat unsere Gemeinschaft vernachlässigt.»
Am virtuellen Pranger
Die Männer patrouillieren auf ihren Fahrrädern und demonstrieren, dass sie beobachten, was geschieht. Dabei erhalten sie viele Tipps aus der Community, in der sie stark verankert sind – und fassen dadurch etliche Diebe. Jeder wird gefilmt, jeder muss seinen Namen sagen und sein Diebesgut zeigen.
Es gibt nichts Schlimmeres, als am virtuellen Pranger ausgestellt zu werden.
Auf Facebook und Tiktok gehen diese Videos viral. Die Anwohnerinnen und Anwohner begrüssen diesen virtuellen Pranger. Laut dem Besitzer eines Restaurants, Luyanda Jodo, würden die Kriminellen so begreifen, dass die ganze Gemeinschaft nun über ihr Tun informiert sei.
Sie könnten sich nicht mehr hinter der Anonymität verstecken. «Es gibt nichts Schlimmeres, als an diesem virtuellen Pranger ausgestellt zu werden», betont Bandile Gcuwa. «Die Diebe gehen eher ins Gefängnis, als dass sie von uns gefilmt werden.»
Auch Ermittlungen führt die Patrouille durch
Wie sehr die Patrouille in der Township verankert ist, zeigt ein Besuch in einem Elektronikgeschäft. Der Besitzer hat nach einem Einbruch diese Männer und nicht die Polizei gerufen.
«Zur Polizei habe ich keinen Kommentar. Die Langa-Sicherheitspatrouille hingegen ist super, sie ist Tag und Nacht präsent», betont Zulifiqar Zulfiqar, der aus Pakistan stammt.
Er zeigt den Männern, wo die Diebe das Blechdach aufgebrochen haben. Auf den Aufnahmen der Überwachungskameras sind letztere beim Einsammeln von Laptops und Handys zu sehen.
Gaya Malopa gilt in der Patrouille als Kommandant. Als solcher leitet er die Abklärungen nach einem Diebstahl. Dem Ladenbesitzer versichert er, dass sie die Umgebung durchkämmen und mit den Anwohnerinnen und Anwohnern sprechen würden.
Einige deftige Schläge wirken Wunder. Wer von der Sicherheitspatrouille erwischt wird, stiehlt nicht so schnell wieder.
Die Gruppe zieht sogleich los. Auf der sandigen Strasse hinter dem Laden klettern sie aufs Dach, befragen alle, die ihren Weg kreuzen, ob sie etwas Verdächtiges beobachtet hätten.
Eine elegant angezogene Frau erklärt, dass in einem der Hinterhöfe zwielichtige Gestalten hausen würden.
Auch die Geschäftsfrau Vuvu Mqilingwa, die den Männern Auskunft gegeben hat, ist begeistert von der Patrouille. Seit sie aktiv ist, sei Langa wieder sicher geworden.
Den Erfolg erklärt sie sich nicht nur mit dem virtuellen Pranger, sondern auch mit dem Schambok, der Peitsche: «Man muss sie auspeitschen, nicht zu brutal, aber einige deftige Schläge wirken Wunder. Vorher wurden die Diebe nach einigen Tagen wieder aus dem Gefängnis entlassen. Wer von der Sicherheitspatrouille erwischt wird und den Schambok zu spüren bekommt, der stiehlt nicht so schnell wieder.»
Da die Patrouille die Sicherheit in Langa wesentlich verbessert hat, ist der Frustpegel der Bevölkerung tiefer als anderswo. Hier existiert keine Mob-Justiz wie in anderen Townships, die immer wieder Vergewaltiger und Mörder umbringen. Und doch ist es eine Selbstjustiz, die auch zunehmend zu fragwürdigen Methoden greift.