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Unfreie Wahlen in Hongkong
Aus Echo der Zeit vom 05.05.2022. Bild: Keystone
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«Wahl» in China Hongkong hat beim Regierungschef keine Wahl

Schon jetzt ist klar, wer neuer Regierungschef wird: Nur John Lee steht zur Auswahl. Ein Mann von Pekings Gnaden.

«Hongkong trägt der Demokratie, der Freiheit und der Gerechtigkeit Sorge», sagte John Lee vergangene Woche im Hongkonger Fernsehen. Lee ist der von Peking abgesegnete Kandidat, der am Sonntag zur Wahl des Regierungschefs antritt.

Es gibt keine Demokratie in Hongkong. Peking macht einfach, was immer es will.
Autor: Nathan Law Hongkonger Demokratie-Aktivist, im Exil in London

Von einer Wahl könne keine Rede sein, sagt der bekannte Hongkonger Demokratie-Aktivist Nathan Law. «Es gibt keine Demokratie in Hongkong – sie tun ja nicht einmal so. Peking macht einfach, was immer es will.»

Keine Zukunft für Hongkonger Demokratie

Law hat Hongkong vor knapp zwei Jahren verlassen, kurz bevor das Nationale Sicherheitsgesetz in Kraft trat. Das Gesetz gibt den Behörden weitreichende Befugnisse, gegen Aktivistinnen und Dissidenten vorzugehen.

Law lebt deshalb heute im Exil in Grossbritannien. Wie auch Carmen Lau. Sie war Demokratie-Aktivistin und Bezirksrätin in Hongkong. Die Ernennung nur eines Kandidaten habe sie nicht überrascht, sagt Lau. «Es ist ein starkes Statement. Damit sagen sie uns, dass es für die Demokratie in Hongkong keine Zukunft gibt.»

John Lee mit US-Sanktionen belegt

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Legende: Keystone

Der künftige Regierungschef von Hongkong, John Lee, ist nicht irgendwer. Die US-Regierung hat bereits Sanktionen gegen ihn verhängt. Als ehemaliger Sicherheitschef Hongkongs sei er mitverantwortlich für die Niederschlagung der Demokratiebewegung, so die Begründung. Wegen der US-Sanktionen wurde vor kurzem etwa Lees YouTube-Kanal für seinen Wahlkampf gesperrt.

Was sagt Tommy Cheung, Parteichef und Abgeordneter der Liberal Party, einer Pro-Peking-Partei in Hongkong zu der Tatsache, dass nur ein Kandidat zur Wahl steht? «Der Wahlkampf ist dieses Mal entsprechend ruhig.» Doch das bedeute nicht, dass der Kandidat nicht hart arbeite. Im Gegenteil: Lee sei bestens vorbereitet für den Job.

Von Cheung ist kein negatives Wort zu hören über den kommenden Regierungschef. «Ob es uns gefällt oder nicht, wir sind eine Stadt innerhalb Chinas.» Wer zur Wahl des Regierungschefs antrete, müsse natürlich vorher von Peking gebilligt werden.

Würde jemand zum Regierungschef gewählt, der nicht von Peking unterstützt wird, würde das Chaos bedeuten – das wäre doch viel schlimmer!
Autor: Tommy Cheung Parteichef der Pro-Peking-Partei Liberal Party

«Stellen Sie sich einmal vor, jemand würde zum Regierungschef gewählt, der nicht von Peking unterstützt wurde. Das würde Chaos bedeuten, und das wäre doch viel schlimmer!», so Cheung.

Die grosse Angst vor dem Chaos

Chaos und Instabilität sind das Letzte, was die chinesische Führung will. Die Demokratiebewegung mit ihren monatelangen Protesten – das soll sich nicht wiederholen. Deshalb wird jegliche Forderung nach Demokratie im Keim erstickt. Dazu passt, dass John Lee den grössten Teil seines Berufslebens bei der Hongkonger Polizei verbrachte.

Die Macht liegt nicht bei der Hongkonger Regierung, sondern beim chinesischen Verbindungsbüro der Stadt.
Autor: Carmen Lau Hongkonger Demokratie-Aktivistin, im Londoner Exil

Doch Demokratie-Aktivistin Carmen Lau sagt, eigentlich komme es gar nicht mehr darauf an, wer in Hongkong in der Regierung sitze. «Wir wissen alle, dass die eigentliche Macht nicht bei der Hongkonger Regierung liegt, sondern beim chinesischen Verbindungsbüro der Stadt», sagt sie.

Bald nur noch «ein Land, ein System»

In der Tat habe dieses chinesische Verbindungsbüro in Hongkong immer mehr Macht erhalten, sagt Politikprofessor Jean Pierre Cabestan von der Baptist University in Hongkong. Deshalb dürfte es Peking auch nicht stören, dass Lee abgesehen von seiner Polizei-Karriere wenig Erfahrung habe.

Die Partei wolle einen vorbestimmten Kandidaten, der die Politik der chinesischen Zentralregierung befolgt. Ein System, ganz nach dem Geschmack der Kommunistischen Partei, sagt Cabestan. Es sei dies ein weiteres Zeichen, dass sich Hongkong weiter in Richtung «ein Land, ein System» bewege.

Echo der Zeit, 05.05.2022, 18:00 Uhr;

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