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Wahlen in der Ukraine Wo Petro Poroschenko herkommt, aber unbeliebt ist

Wenn man mit Denis Musienko durch Bolhrad spaziert, dann zeigt er einem ein blühendes Städtchen: ein neuer Park und neue Sportplätze; auf dem Hauptplatz glänzt die Glasfassade eines neuen Standesamtes. Das Gebäude hat Petro Poroschenko finanziert. Ein Geschenk des Präsidenten an seine Heimatstadt.

Denis Musienko ist Chef der Bezirksverwaltung von Bolhrad. Die Zentralregierung in Kiew hat ihn in die südukrainische Kleinstadt geschickt. Musienko ist also der Gesandte von Petro Poroschenko – und deswegen ist auch klar, wem er bei der Wahl vom Sonntag die Stimme gibt. «Wir haben in den letzten Jahren sehr viel erreicht. Es ist deswegen wichtig, dass die Ukraine den Kurs hält, den der Präsident eingeschlagen hat.»

In Bolhrad jedoch sehen das viele anders. Auf dem Stadtmarkt ist schon am Morgen viel los. Swetlana Iwanowna hat gerade einen Plastikeimer verkauft für 25 Hrywna, umgerechnet 90 Rappen. Die Kundin wollte noch einen Rabatt von 20 Rappen, aber Iwanowna mochte keinen Abschlag gewähren. Sie muss schliesslich auch von etwas leben, das Geschäft mit Geschirr und Putzzeug ist schwierig genug: «Die Preise steigen. Alles wird immer teurer. Wie sollen wir einfachen Leute bloss über die Runden kommen?»

Was Iwanowna anspricht ist ein grosses Problem in der Ukraine, ein Problem, das die Präsidentschaftswahl entscheiden könnte. Vor allem die Preise für Gas und Strom sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Eine andere Marktfrau rechnet vor. «Ich bezahle 1000 Hrywna allein für Gas und Strom – und das bei einem Lohn von 3000 Hrywna.»

Was für ein Absturz!

Zum Leben bleibt da umgerechnet noch 70 Franken. Die Marktfrauen in Bolhrad sind sich einig, wer verantwortlich ist für diese Zustände: «Wir halten nichts von Poroschenko. Kürzlich kam er in unsere Stadt – und der ganze Basar hat schlecht über ihn geredet», sagt Svetlana Iwanowna.

Unpopulär ist Poroschenko nicht nur auf dem Markt in Bolhrad – sondern im ganzen Land. Gerade mal 16 Prozent wollen für ihn stimmen. Was für ein Absturz! Nach der Maidan-Revolution 2014 war Poroschenko der Hoffnungsträger gewesen. Wie konnte es soweit kommen?

Lebensstandard ist gesunken

In einer geschäftigen Kantine in Bolhrad sitzt Juri Moschul. Der Grafikdesigner politisiert für eine Regionalpartei im Stadtparlament und hat beobachtet, wie die Stadt sich von ihrem berühmtesten Sohn entfremdet hat.

«Bei der letzten Wahl haben viele hier Poroschenko unterstützt. Sie haben ihm geglaubt, er stammt ja von hier. Aber der Lebensstandard der meisten Leute ist in den letzten Jahren gesunken.»

Poroschenko hat das Land in einer schwierigen Phase übernommen. Der Konflikt mit Russland brach aus, die Wirtschaft geriet in eine schwere Krise.

Er hat durchaus Erfolge zu verzeichnen

Da verbündete sich der Präsident mit dem Westen. Und internationale Geldgeber halfen der Ukraine tatsächlich. Allerdings stellten sie Bedingungen für ihre Kredite: Unter anderem musste der Staat die hohen Gas-Subventionen zurückfahren. Inzwischen hat sich die Wirtschaft stabilisiert. Lokalpolitiker Moschul sagt, für die einfachen Menschen aber sei die Rechnung nicht aufgegangen.

Poroschenko hat zwar durchaus Erfolge zu verzeichnen: Er hat die Armee gestärkt; er hat die ukrainische Sprache gefördert und dafür gesorgt, dass es eine unabhängige ukrainisch-orthodoxe Kirche gibt. Da ist viel patriotische Erbauung drin.

Doch in Bolhrad zieht diese Politik nicht mehr. Der eigene Lebensstandard ist auf Dauer eben wichtiger als abstrakte nationale Werte.

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