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Wahlen in Österreich Schwarz-grünes Erfolgsrezept in Tirol

In einigen österreichischen Bundesländern sind die Grünen bereits an der Macht, zum Beispiel in Tirol. Josef Gahr, der Bürgermeister der kleinen Gemeinde Fritzens in Tirol, hat auf seinem Smartphone lauter Lastwagenfotos. Der Verkehrskollaps gehört zum Alltag der Gemeinde an der Inntalautobahn östlich von Innsbruck.

Billig-Tankstellen sind ein Problem

Die schweren Lkw tanken hier auf ihrem Weg von Deutschland über den Brenner nach Italien, denn hier gibt es eine auf Lastwagen spezialisierte Tankstelle mit Billig-Diesel. Heute kostet der Liter 1.15 Euro statt 1.56 wie auf der Autobahn. Das macht bei 1000 Litern 400 Euro Einsparung.

Für die Gemeinde hatte dies massive Folgen. Die Lastwagen verfuhren sich im Dorf, sie konnten nicht wenden, blieben stecken. Es gab täglich mehrere Staus, es kam zum totalen Kollaps und Bürgermeister Gahr hatte Dauerbesuch. «Man steckt viel ein von der Bevölkerung. Das ist auch klar.»

Schwarz-grüne Landesregierung

Doch sein Engagement für ein Verbot der Billigtankstellen zur Hauptverkehrszeit zwischen 6 und 10 Uhr am Morgen hat sich gelohnt. Es hat Strassen und Gemüter beruhigt. Hat sich die schwarz-grüne Landesregierung also bewährt? «Das ist eine spannende Geschichte: Bei dem Thema, bei dem es mich betroffen hat, hat man gemerkt, dass die Regierung eine homogene Einheit ist», sagt Gahr.

Teil der Einheit ist Ingrid Felipe. Sie kennt sämtliche Verkehrsprobleme in Tirol. Die grüne Mobilitätsministerin trägt ein T-Shirt mit einem modernen Tiroler Adler. «Das ist die Adlerin. Sie ist schon heimatverbunden, aber auch kritisch-frech», sagt Felipe.

Frechsein allein reicht allerdings nicht, um als Juniorpartnerin neben den mächtigen Konservativen zu bestehen, und um den Verkehr auszubremsen. «Es ist nicht nur grüne Überzeugungsarbeit. Es ist der gestiegene Leidensdruck.»

Zugeständnisse an die Schwarzen

Die Verkehrslawine durchs Tal hat sich so verschlimmert, dass selbst die Schwarzen nicht mehr an Obergrenzen und Verboten vorbeikommen. Den Grünen geht das zu wenig weit. Felipe muss sehr viel Zugeständnisse machen.

Und doch will sie lieber mitgestalten in einem persönlich- professionellen Umgang: «Da ist eine solide Basis dafür, dass man auch schwierige Themen gut bearbeiten kann, wenn man sich darauf verlassen kann, dass man nicht ausgetrickst wird oder dass nichts hinter dem Rücken entschieden wird.»

Öffnung hin zu den Grünen

Auf Seiten der ÖVP will Fraktionschef Jakob Wolf auch einen grünen Einfluss beobachten. «Ich glaube schon, dass die Zusammenarbeit mit den Grünen auch die Tiroler Volkspartei verändert hat. Wir sind offener geworden. Zum Beispiel beim Thema Transparenz.»

Grün-Schwarz einigte sich in Tirol bei Parteienfinanzierung und Parteispenden auf strengere Regeln, als sie auf Bundesebene gelten. Doch grundsätzlich sei die ÖVP im Westen die gleiche, wie die im Osten, sagt Politologe Ferdinand Karlhofer von der Uni Innsbruck.

Auch in Tirol hätten Wirtschaft und Bauern keine Freude an der Koalition mit den Grünen. «Grüne werden fast als natürlicher Gegner betrachtet. Das ist hier so und das ist auch in den anderen Bundesländern so», so Wolf.

Kommt hinzu, dass die dominante Rolle der Wirtschaft in der ÖVP noch weiter gestärkt wurde. «Das ist unter der Regierung Kurz besonders zum Ausdruck gekommen: Die Maxime der Wirtschaftsliberalisierung und die Zurückdrängung der Sozialdemokratie. Im Zweifel entscheidet man für die Wirtschaft.»

Das macht schwarz-grün umso schwieriger. Aber in Tirol gibt es den Verkehr. Das schweisst zusammen.

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