Was wichtig wird: Die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder kommen ab Donnerstag zu einem mit Spannung erwarteten Gipfeltreffen in Brüssel zusammen. Bei der letzten regulären Zusammenkunft des Jahres soll geklärt werden, wie die finanzielle Unterstützung der von Russland angegriffenen Ukraine gesichert werden kann. Zudem soll entschieden werden, ob das seit bald 26 Jahren verhandelte Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten unterzeichnet wird.
Russische Gelder als Finanzhilfe: Es geht um einen Kredit im Umfang von 90 Milliarden Euro für die Ukraine. Es soll besonders die Frage geklärt werden, ob und wie die EU eingefrorene russische Gelder als Finanzhilfe für die Ukraine verwenden kann. Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz wirbt für den Vorschlag, in der EU festgesetztes Vermögen der russischen Zentralbank zu nutzen. Mit Belgien ist bislang aber ein entscheidender Akteur dagegen. Der Entscheid kann per Mehrheitsentscheid fallen. Der EU-Ratspräsident António Costa hofft immer noch, Belgien überzeugen zu können. Knapp wird der Entscheid, weil Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni Konzessionen auf Schuldenregeln fordert, die nichts mit der Sache zu tun haben.
Darum stellt sich Belgien quer: Die belgische Regierung hat erhebliche rechtliche und finanzielle Bedenken. Sie fürchtet dabei auch um die Existenz des belgischen Finanzinstituts Euroclear. Der sogenannte Zentralverwahrer verwaltete zuletzt etwa 185 Milliarden Euro der russischen Zentralbank und damit einen Grossteil der insgesamt festgesetzten 210 Milliarden Euro in der EU. Es wird deswegen nicht ausgeschlossen, dass sich die Verhandlungen bis in den Freitag oder sogar noch länger hinziehen.
Ein Scheitern der Verhandlungen könnte die Ukraine in eine brenzlige Situation bringen, da sie ab dem zweiten Quartal des nächsten Jahres auf frisches Geld angewiesen ist. Die erforderlichen Mittel über die EU anders zu organisieren, gilt derzeit als unmöglich.
Das Mercosur-Freihandelsabkommen: Das seit 1999 verhandelte Freihandelsabkommen mit den vier lateinamerikanischen Staaten Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay soll noch am Samstag am Mercosur-Gipfel unter brasilianischem Vorsitz unterzeichnet werden. Die Einigung war vor einem Jahr nach einem Vierteljahrhundert Verhandlungen erzielt worden. Mit dem Freihandelsabkommen würde die grösste Handelszone der Welt mit mehr als 720 Millionen Menschen entstehen. Allerdings haben mehrere EU-Länder jüngst Bedenken geäussert, allen voran Frankreich, das seine Haltung mit Sorgen um die heimische Landwirtschaft begründet.
Wenn Frankreich wie erwartet nicht zustimmt, wird es vermutlich auf Italien ankommen. Länder wie Polen und Österreich haben bereits angekündigt, gegen eine Unterzeichnung des Abkommens zu stimmen.