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Wissenschaft und Politik «Als Wissenschaftler mache ich keine Politik – als Bürger schon»

Die Klima-Protest-Bewegung «Extinction Rebellion» [Rebellion gegen das Aussterben] macht mit spektakulären Aktionen auf sich aufmerksam. Nun erhält sie Unterstützung von 200 Wissenschaftlern aus der Romandie mit einem offenen Brief – unter ihnen auch der Chemie-Nobelpreisträger Jacques Dubochet.

Ist es die Rolle der Wissenschaft, sich politisch zu engagieren? Der Klimaforscher Hans von Storch hält trotz einem vom Menschen verursachten Klimawandel nichts von alarmistischen Positionen.

Hans von Storch

Professor Universität Hamburg

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Der deutsche Mathematiker, Klimaforscher und Meteorologe ist Professor am Institut für Meteorologie der Universität Hamburg. Bis 2015 leitete er das Institut für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum Geesthacht.

SRF News: Hätten Sie den offenen Brief auch unterschrieben?

Hans von Storch: Nein, ich hätte ihn bestimmt nicht unterschrieben. Wir müssen die unterschiedlichen Funktionen von Wissenschaft und Politik beachten: Wissenschaft soll Erklärungen für komplexe Vorgänge erarbeiten und Politik soll in einem demokratischen Prozess Interessenkonflikte ausgleichen. Wissenschaftler sollen sich gerne am Entscheidungsprozess beteiligen, aber nicht als irgendeine Autorität des Besserwissens.

Wieso soll sich ein Wissenschaftler nicht politisch aktiv betätigen oder einen offenen Brief unterschreiben?

Man sollte das nicht als Wissenschaftler tun, sondern mit seinem Namen. Wenn man nun aber der Meinung ist, dass die Zeit so drängt, dass wir eine Experten-Regierung brauchen und die Demokratie abschaffen sollen, dann könnte man vielleicht so argumentieren. Aber ich sehe die Demokratie als höheren Wert an. Das bedeutet praktisch, dass es Leute gibt, die besser Bescheid wissen, während die anderen gefälligst die Klappe halten sollen.

Als Wissenschaftler bin ich ein thematisch eingeschränkter Mensch – was man früher Fachidiot genannt hat.

Auch Politik geht aus Eigeninteressen oft selektiv an wissenschaftliche Erkenntnisse heran. Muss man als Wissenschaftler dann trotzdem den Mund halten?

Als Wissenschaftler sollte man schon sagen, was man weiss und was es bedeutet. Aber daraus folgt nicht eine eindeutige Entscheidung, was richtig und falsch ist, sondern wir können sagen: Wenn du Politiker dies tust, dann musst du damit rechnen, dass jenes eintritt. Ich soll schon meine Meinung sagen, aber ich bin ein thematisch eingeschränkter Mensch, was man früher Fachidiot genannt hat.

Beim Klima gibt es auch Politiker, die den Einfluss des Menschen verneinen. Müssten in diesem Fall nicht die Wissenschaftler etwas mehr Druck ausüben?

Das kann man in jedem Fall, denn hier geht es ja nicht um eine politische Folgerung, sondern es geht nur darum, festzustellen, dass sich das Klima so ändert, dass wir keine anderen Erklärungen haben als die Treibhausgase. Aber daraus folgt nicht eine bestimmte Politik.

Als Wissenschaftler nehme ich nicht am politischen Willensbildungsprozess teil – als Bürger tue es durchaus.

Was unternehmen Sie, damit Forschungserkenntnisse in die Politik einfliessen?

Ich benehme mich wie ein normaler Wissenschaftler und publiziere. Wenn ich gefragt werde, dann gebe ich Antworten und stelle den Kontext her – aber ich stelle keine Forderungen. Die Entscheidung wie man damit umgeht, ist dem politischen System überlassen, das nach demokratischen Prinzipien zu folgen hat. Als Wissenschaftler nehme ich nicht am politischen Willensbildungsprozess teil – als Bürger tue es durchaus.

Nimmt denn die Öffentlichkeit wissenschaftliche Erkenntnisse gut auf und akzeptiert sie, damit auch etwas geschieht?

Ich glaube schon. Es ist aber eine andere Geschichte, dass solche Erkenntnisse dann teilweise von NGOs zugespitzt werden. So kommt der Eindruck auf, dass alles Üble auf der Welt wegen des Klimawandels stattfindet. Viele versuchen ihre Spezialinteressen als Teil des Klimaproblems darzustellen. Das sollten wir natürlich unterlassen.

Das Gespräch führte Beat Soltermann.

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