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WTO-Klage im Getreidestreit Kiew im Kornstreit mit EU-Nachbarländern im Vorteil

Die WTO-Klage der Ukraine gegen Polen, Ungarn und die Slowakei entzweit die EU. Diese dürfte eine interne Lösung suchen.

Die Ukraine verklagt die Nachbarländer Polen, Ungarn und die Slowakei vor der Welthandelsorganisation WTO. Letztere wollen die Importbeschränkungen auf ukrainisches Getreide verlängern, welche Brüssel letzte Woche zugunsten der Ukraine auslaufen liess.

Die Ukraine hat das Recht, gegen die drei Länder Beschwerde zu führen, und diese müssen sich als WTO-Mitglieder auf solche Klagen einlassen. Sie sind zugleich EU-Mitglieder. Damit müsste letztlich die EU-Kommission den Fall übernehmen, da die Kompetenzen im Agrarbereich bei der EU liegen, wie Thomas Cottier, emeritierter Professor für internationales Wirtschaftsrecht, erklärt.

Ukraine mit den besseren Argumenten

Die Ukraine kann sich laut Cottier auf den Grundsatz des Verbots mengenmässiger Einfuhrbeschränkungen abstützen. Sie wird wohl argumentieren, dass die im WTO-Recht stehenden Ausnahmebestimmungen im konkreten Fall für die Einschränkung der Einfuhren von Mais, Weizen, Rapsöl und Sonnenblumenöl nicht vorliegen.

Entsprechend schwierig werde es für Ungarn, Polen und die Slowakei werden, ihre Massnahmen zu verteidigen. Sie dürften deshalb versuchen, sich auf allgemeine Ausnahmen zu stützen und dabei wohl auch auf die nationale Versorgungssicherheit.

Die Erfolgschancen der drei Länder schätzt Cottier als Mitglied in zahlreichen WTO-Panels als eher gering ein: «Die im Gatt-Abkommen vorgesehenen Einschränkungen sind sehr spezifisch, und die allgemeinen Ausnahmen beziehen sich eigentlich nicht auf die hier vorliegende Konstellation.»

Brüssel im Dilemma

Für die EU, die mit dem damaligen Importverbot ihre Mitgliedsländer im Osten schützen wollte, ist die Situation paradox. Denn nun müsste Brüssel jene Länder vor der WTO verteidigen, welche sich nicht an die selbst beschlossen Aufhebung der Importbeschränkungen halten wollen.

Getreideernte bei Kiew.
Legende: Getreideernte am 4. August 2023 in der Nähe von Kiew. Mit der WTO-Klage gegen Polen, Ungarn und die Slowakei will Kiew beweisen, dass einzelne EU-Mitgliedstaaten keine Importverbote gegen ukrainische Waren verhängen können, wie Vizeregierungschefin Julia Swyrydenko Anfang Woche erklärte. Keystone/EPA/SERGEY DOLZHENKO

Die EU werde wohl alles daran setzen, das Problem intern zu lösen, schätzt Cottier. Denn auch gemäss EU-Recht hätten diese drei Staaten keine Kompetenzen, solche Einschränkungen im Alleingang zu verhängen: «Es geht also auch um die Durchsetzung von EU-Recht.»

Entsprechend werde die EU-Kommission ihr ganzes Gewicht einsetzen, um das Problem mit den drei Mitgliedstaaten innert nützlicher Frist zu lösen. Die Ukrainer wiederum hätten sich die Klage gut überlegt – mit dem klaren Ziel, die Handelsbeschränkungen in die EU zu überwinden.

SRF 4 News aktuell, 20.9.2023, 7:20 Uhr ; 

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