Zum Inhalt springen

Zerreissprobe in Iran? «Sarif kämpft fürs Atomabkommen»

Irans Präsident Hassan Rohani hat das Rücktrittsgesuch seines Aussenministers Mohammed Sarif offiziell abgelehnt. Inzwischen hat auch dieser sein Amt wieder aufgenommen. Über die Hintergründe weiss ARD-Korrespondentin Natalie Amiri mehr.

Natalie Amiri

Journalistin und Nahost-Expertin

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Die deutsch-iranische Journalistin Natalie Amiri ist internationale Korrespondentin bei der ARD. Zuvor war sie fünf Jahre lang Studioleiterin der ARD in Teheran.

SRF News: Weshalb wollte Präsident Rohani den Rücktritt seines Aussenministers Sarif nicht akzeptieren?

Natalie Amiri: Rohani und Sarif sind ein Team. Sie stehen für das Atomabkommen. Rohani würde enorm an Macht verlieren, wenn sein Vorzeige-Minister, der während Jahren den Dialog mit dem Westen geführt hat, jetzt gehen würde. Offenbar hat Sarif sein Amt inzwischen tatsächlich wieder aufgenommen. Er war gerade am TV zu sehen, wie er an einem Treffen mit dem armenischen Premierminister in Teheran teilnahm.

Über die Gründe des Rücktrittsgesuchs wurde in den sozialen Medien heftig spekuliert. Weiss man mittlerweile mehr?

Der Rücktritt war in seiner Wirkung eine Art Referendum zur Aussenpolitik Rohanis und Sarifs. In letzter Zeit hat sich der Machtkampf zwischen der Revolutionsgarde und den Ministerien um den Einfluss der Politik verstärkt. Sarif scheint diesen Machtkampf nun gewonnen zu haben. Nach der Rücktrittsankündigung war klar geworden, dass er für seine Politik einen grossen Rückhalt im Volk und in der Politik hat. So wurde der Hashtag «sarifbleib» tausendfach auf Twitter verbreitet.

In Sachen Syrien hat nicht das Aussenministerium, sondern die Revolutionsgarde das Sagen.

Der direkte Auslöser für die Rücktrittserklärung am Dienstag war wohl der Besuch des syrischen Machthabers Baschar al-Assad in Teheran, an dem Sarif nicht teilnahm oder nicht teilnehmen durfte. Das hat Sarif gar nicht gefallen. Zumal im Gegenzug der Chef der al-Kuds-Brigaden, Kassem Soleimani, bei dem Treffen dabei war. Dadurch wurde klar, dass in Sachen Syrien nicht das Aussenministerium, sondern die Revolutionsgarde das Sagen hat.

War Sarif auch deshalb unter Druck gekommen, weil sich die USA aus dem Atomabkommen verabschiedet und neue Sanktionen gegen Iran erlassen haben?

In der Tat geriet Sarif mit der Kündigung des Atomabkommens durch die USA unter starken Druck. Sarifs Job steht und fällt mit diesem Abkommen, an das sich die Europäer ja weiterhin halten wollen. Erst vor wenigen Wochen wurde «Instex» eröffnet, eine Art Vermittlungsstelle, mit deren Hilfe die US-Sanktionen umgangen werden sollen. «Instex» soll die finanziellen Forderungen von Handelspartnern aus Iran und aus Europa abwickeln und so weiterhin einen wirtschaftlichen Austausch ermöglichen. Deshalb hält Sarif weiter am Atomabkommen fest. Und dafür kämpft er auch.

Das Gespräch führte Hans Ineichen.

«Eine bürokratische Fahrlässigkeit»

Box aufklappen Box zuklappen

Inzwischen ist es offiziell, dass der Auslöser von Sarifs Rücktritt seine Nichteinladung zum Treffen zwischen Rohani und Syriens Machthaber Assad war. Darüber sei Sarif so verärgert gewesen, dass er kurz vor Mitternacht des gleichen Tages auf seiner Instagram-Seite seinen Rücktritt erklärt habe, hiess es in Teheran. Inzwischen sei Sarif aber versichert worden, dass es sich dabei nur um eine «protokollarische und bürokratische Fahrlässigkeit» gehandelt habe. (dpa)

Meistgelesene Artikel