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Zwischenwahlen in den USA It‘s the economy – und Trump

«It’s the economy, stupid», lautet der berühmte Spruch aus der Präsidentschaftskampagne Bill Clintons. Natürlich gilt diese Aussage, erfunden 1992 von Clintons Berater James Carville, auch heute. Und es ist verwunderlich genug, dass ausgerechnet die Demokraten dies vergessen zu haben scheinen und das Thema Wirtschaft und Inflation den Republikanern überlassen.

Die Demokraten fokussieren lieber auf ein anderes Thema. Und haben damit – bei allen Zweifeln ob der Mobilisierungsfähigkeit – mindestens genauso recht: «It’s Donald Trump!» Keiner beherrscht die Debatte so wie der abgewählte Ex-Präsident. Und um keinen geht es mehr bei diesen Wahlen. Das macht sie zu Wahlen wie keine zuvor.

Referendum über die Zukunft des Ex-Präsidenten

Auch ohne dass Trumps Name auf einem Wahlzettel steht, sind diese Wahlen nichts weniger als ein Referendum über ihn. Normalerweise sind die Zwischenwahlen eine Art Arbeitszeugnis für den amtierenden Präsidenten, der dann auch regelmässig allfällige Mehrheiten im Kongress verliert.

Auch an diesem 8. November geht es um die angebliche und tatsächliche Gestaltungsschwäche des sicht- und hörbar älter werdenden Joe Biden, und um die zweifellos zahlreichen Fehler der Demokraten. Noch viel mehr aber geht es um etwas ganz anderes: um die Zukunft des vergangenen Präsidenten.

Folgenschwerste Nach-Präsidentschaft der Geschichte

Schon heute darf die Nach-Präsidentschaft Donald Trumps als die bedeutendste der amerikanischen Geschichte bezeichnet werden. Wegen ihm zweifeln die Amerikanerinnen und Amerikaner an etwas, das zuvor über jeden Zweifel erhaben war: Sie zweifeln an der amerikanischen Demokratie. Sie zweifeln an Wahlen und an deren Resultaten. Und sie zweifeln an ihrem Land. Dabei haben seine unzähligen politischen, juristischen und finanziellen Skandale Trump nicht geschadet, sondern ihn im Gegenteil nur noch stärker gemacht. 

Wahlleugner als Favoriten

Wenn am 8. November alle 435 Sitze des Repräsentantenhauses und 35 der 100 Sitze des Senats neu gewählt werden, dazu viele Gouverneure und Staatssekretäre in den Bundesstaaten, dann stehen hunderte von republikanischen Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl, die den Wahlsieg Bidens bis heute aller gegenteiligen Beweise zum Trotz anzweifeln. Gemäss dem Newsletter Cook Political Record dürften zwei Drittel dieser Kandidatinnen die Wahlen gewinnen. Es wäre der Auftakt zu Trumps Kampagne für die Präsidentschaftswahlen 2024.

Pascal Weber

USA-Korrespondent

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Pascal Weber arbeitet seit 1999 für SRF. Als Redaktor und Produzent war er zunächst in der Sportredaktion tätig, danach bei «10vor10». Von 2010 bis 2021 war er als Korrespondent im Nahen Osten. Er lebte zuerst in Tel Aviv, dann lange Jahre in Kairo und Beirut. Nun arbeitet er für SRF in Washington.

10vor10, 18.10.2022, 21:50 Uhr

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